Kick. Step. Depp.

Tanzen fördert die Liebe, heißt es. In manchen Fällen geschieht jedoch das Gegenteil – und der Pas de deux endet nicht auf Wolke 7
Gabriele Kuhn

Gabriele Kuhn

Michael Hufnagl

Michael Hufnagl

Sie

Die G und der R sind stolz: Endlich im Goldstar-Tanzkurs! Also lauschten der Mann nebenan und ich den rhythmischen Ausführungen über Tanzfiguren wie „Bauchstreichler-Platzwechsel“, „Herrentor“, „Wischer“, „Damenbrezel“ oder, ganz arg: „Sandwich“. An dieser Stelle unterbrach mein Anti-Astaire den Monolog mit äußerstem Nachdruck: Gutes Stichwort, ich hab nämlich Hunger. Tanzen interessiert ihn ungefähr so sehr wie das Bestimmen von Blumenstempel.

Schweben - wirklich?

Das Berührende daran: Wir sind uns endlich einig. Aber nicht ganz. Ich tanze schon gerne, aber allein, zu irgendwas von Deep Purple. Er hingegen schafft kaum mehr als ein dezentes Wippen mit einer Zehe, und das ist für seine Verhältnisse exzessiv. Ausnahmen macht er bei Weihnachtsfeiern ohne mich, wo er den „Moment feiert“. Unlängst habe ich gelesen, dass Tanzen die Beziehung fördert. Unter dem Titel „Vom Tanzen für die Liebe lernen“ stand, es würde helfen, sich „gemeinsam weiterzuentwickeln“. Aha, dachte ich und las ihm daraus beim Frühstück vor, etwa: Gute Führung berücksichtigt immer den anderen. Oder: Schwingt man sich aufeinander ein, kann man auf Wolken schweben. Ich meinte, man könne das ja probieren, oder? Weiter kam ich nicht: Stopp. Nicht auf nüchternen Magen! Er verließ im 1, 2, Wie-ge-schritt die Wohnung. Da war ich beleidigt, aber nur kurz. Weil ich mich erinnerte, wie wir diesen Schnupper-Lindy-Hop-Abend belegten. Alle waren in 50er-Outfits da. Wir nicht. Danach scheiterten wir am Zählen: Step, Step, Triple Step, Step, Schatzi nein, du Depp. Schließlich rammte ich ihm beim ambitionierten Kick Step mein Bein in seines, worauf wir einen Eisbeutel organisieren mussten. So betrachtet hat er ja Recht. Auch wenn ich das nur ungern schreibe.

Unser Kabarett: 9. 5., Rabenhof; 27. 3. Mödling, 28. 3. Langenlois, 2. 10. Bettfedernfabrik; 16. 10. Stallheater Königstetten, 16.11. Hagenbrunn

Er

Menschen haben ja die Tendenz zu missionarischem Eifer. In diesem Sinne versuchten schon viele Freunde, mich zu überzeugen, dass Laufen eine befreiende Tranceerfahrung, Paradeiser ein kulinarisches Halleluja und Dübellöcherbohren ein Heimwerkertraum sei. Folglich bin ich oft damit beschäftigt, zu erläutern, dass ich Laufen als Ödnisgarant, Paradeiser als Unheilproduzent und Dübellöcherbohren als Seelenkrampf erachte. Das fiel mir ein, als die beiden Tango-Aficionados vor uns standen, um mich rotbackig zu belehren, dieses Prickeln des Wiegeschritts nicht mehr ignorant als Firletanz zu bewerten. „Du musst es nur probieren“, säuselten sie. „Muss ich nicht“, entgegnete ich und erntete kuhn’sches Augenrollen. Sie legte mir ja schon einmal die Lektüre „Vom Tanzen für die Liebe lernen“ nahe, aber damals zitierte ich in Notwehr Falco: „Was weißt denn Du, was Liebe ist, wenn alles Du beim Tanz vergisst.“ 

Stolpern für Fortgeschrittene?

Und ich erinnere mich noch allzu gut an den Moment dieser Geburtstagsfeier, als mich die Jubilarin mit ausgestreckten Armen vor der  Gratulantenschar zum Tänzchen bat. Ich lächelte verlegen und gab unmissverständlich zu verstehen, dass ich nicht rasend gerne als Mitternachtseinlage („Schau’,  lustig, der tollpatschige Hufnagl!“) für Erheiterung sorge. Aber meine Frau verzichtete darauf, mich in Erinnerung an unseren gemeinsamen Kurs „Stolpern für Fortgeschrittene“ entschuldigend zu unterstützen – „oh, lieb, aber keine gute Idee, der Gatte hat’s mit dem Knie“. Stattdessen schubste sie mich kichernd und fordernd („Sei nicht so ein fader Zipf“) in die Hölle. Wo ich in der Rolle des „Derwisch und weg“ taktlos herumwirbelte und nur einen Gedanken hatte: Was gäbe ich jetzt dafür, ein Dübelloch zu bohren! Gerne auch mit Paradeiser im Mund.
Solo-Programm „Abend mit einem Mannsbild“:
13. 3. Bad Fischau (Schloss), 17. 3. Wien (Café Schopenhauer)

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