Johannas Fest: Vom Schönreden eines Desasters

Das Salz in unserem Streuer war feucht geworden, also klopfte ich bei beiden Gerichten ein paar Mal heftig auf dessen Boden. Ein paar Mal zu viel, wie sich herausstellte.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

En passant erwähnte mein Mann, dass er unsere Nachbarn zum Dinner eingeladen hat. Und die frisch vom Italien-Urlaub heimgekehrten wollten nur wenig essen, sie hätten dort nämlich einige Kilos zugelegt. Das klingt jetzt vielleicht nicht so herausfordernd, wie es tatsächlich für mich war. Das Paar wohnt zwar in der gleichen Gasse wie wir, aber zu einem privaten Abendessen kommen wir maximal zwei Mal im Jahr zusammen. Er ist nämlich als einer der ranghöchsten Politiker unseres Landes sehr viel unterwegs und seine wunderbar allürenlose Ehefrau hat mit ihren zwei Jobs in Kultur und Sozialarbeit ebenfalls einen knallvollen Terminkalender.

Es sollte schon was Besonderes sein, was wir den beiden kredenzen, meinte mein Mann. Ich entschied mich für zweierlei Salate als Vorspeise und zwei spanische Gerichte als Hauptgänge. Calamares encebolladas (in Olivenöl, Zwiebeln und einem Schuss Cognac langsam gegarte Tintenfisch-Ringe) und eine Tortilla de Patatas (Erdäpfel-Auflauf). Das Salz in unserem Streuer war feucht geworden, also klopfte ich bei beiden Gerichten ein paar Mal heftig auf dessen Boden. Ein paar Mal zu viel, wie sich herausstellte. Ich servierte die Gerichte mit dem Kommentar: „Ich hab gar nicht gewusst, dass ich immer noch so verliebt bin, in meinen Göttergatten“, und entschuldigte mich zerknirscht für das gründlich versalzene Dinner.

Der mächtige Politiker griff nach dem ersten Bissen zur Salzmühle und gab ein Beispiel dafür, wie man ein Desaster schönredet: „Es ist so, dass ich gerade nur noch wenig nachsalzen muss.“ – Das muss ich mir merken, charmanter geht’s nämlich nicht!

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