Johannas Fest: Unser Haus ist euer Haus

Die Selbstversorger greifen zu den am Balkon oder im Garten selbst gezogenen Kartoffeln.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Nicht nur der Garten ist spätestens jetzt frühjahrsfit zu machen, auch das Gästezimmer sollte inspiziert werden. Neben den vielfältigen Auswirkungen des Coronavirus auf das Gesundheitswesen, die Wirtschaft, die Hochfinanz, die Mobilität unserer Gesellschaft, Ausgangs-, Ein- und Ausreisesperren, bis hin zu distanziertem Grüßen ist auch eine radikale Hinwendung zur Regionalität zu beobachten. Die Selbstversorger greifen zu den am Balkon oder im Garten selbst gezogenen Kartoffeln, das Fleisch kommt vom Biobauernhof und auf exotische Früchte wird derzeit eher verzichtet.

Das setzt sich fort bei der Auswahl der Speiselokale bis hin zu den Reisezielen.

Karin und Lorenz zum Beispiel sind Italien-Fans. Jedes Jahr fahren die Architektin und der Fachbuchautor zur Biennale (einmal Kunst, einmal Architektur) nach Venedig. Ostern wollte das Paar heuer in Mailand verbringen und zum Sommerbeginn ist auch das malerische Hafenstädtchen Grado fix auf dem Programm. Schon Ende 2019 hat Karin alle Unterkünfte gebucht. Nicht im Rahmen von Pauschalreisen, sondern über diverse Internet- Buchungsplattformen. Die investierten Summen können die beiden „abschreiben“! – Was nun?

Willkommenskultur

Man bleibt im Land. Besucht Bekannte in Österreich an deren Zweitwohnsitzen und lädt diese umgekehrt zu den eigenen ein. Niemand, der in ein privates Domizil zum Nächtigen geladen ist, wird von Durchschnittsverdienern 5-Sterne-Komfort erwarten. Aber es gibt ein paar Basics, die den Aufenthalt unter dem Dach von Freunden zum Genuss machen. Hier eine kleine Liste mit Anregungen:

– Bügeltisch, das verwaiste Heimfahrrad und die Golfschläger, die langsam Patina ansetzen, kommen vor Ankunft der Gäste in den Keller.

– Ein bequemes Bett, das weder quietscht noch durchhängt.

– Im Schrank ist Platz zu schaffen für die mitgebrachte Garderobe der zu Beherbergenden.

– Bademäntel und -schlapfen, frische, hübsche Handtücher, Zahnpasta, Haarshampoo und Zahnbürsten, sowie Feuchtigkeitscreme und ein paar erlesene Parfümproben anzubieten, ist eine umsichtige Geste.

– Auf den Tisch eine nette kleine Vase mit frischen Blumen, Mineralwasser und Gläser, ein Korb mit Obst, Dessertteller und Besteck sehen nicht nur nett aus, sondern machen auch Freude.

– Immer wichtiger in unserem digitalen Zeitalter ist natürlich ein funktionierendes WLAN.

– Da Gastgeber und Gäste in unserer individualisierten Gesellschaft nicht unbedingt den gleichen TV-Geschmack und nicht den gleichen Rhythmus zwischen Kommunikations- und Rückzugsbedürfnis haben, empfiehlt sich die entsprechende Ausstattung des Gästezimmers mit einem Flachbildschirm.

Apropos Rhythmus: Lassen Sie Ihren Gästen Freiräume. Man muss nicht jede Minute gemeinsam Programm machen. Couch-Potatoes, die froh sind, einmal ganz ohne schlechtes Gewissen alle Viere von sich zu strecken und sich eine sinnlose Serienstaffel nach der anderen einziehen zu dürfen, müssen in den paar Tagen, die sie zu Gast unter Ihrem Dach weilen, nicht zu Wandervögeln oder Skitouren-Gehern umerzogen werden!

Gemeinsam frühstücken und gemeinsam abendessen gibt Geborgenheit und schafft Zusammengehörigkeitsgefühl.

Der ehrlich gemeinte Satz „Fühlt euch wie zu Hause“ oder „Unser Haus ist euer Haus“ zeichnet exzellente Gastgeber aus.

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