Johannas Fest: Sehnsucht nach "bella Italia"

Sobald die ÖBB ihren Nightjet wieder aufs Gleis setzen Richtung Venedig, sind wir dort in der Lagunenstadt.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Das hätte meine Freundin Lisa, die wöchentlich mit erlesenen WhatsApp über die C-Krise hinweghalf, nicht tun dürfen! Über mehr als zwei Monate hinweg haben wir uns nimmermüde vorgeschwärmt, wie schön es doch in Österreich ist. Und wir haben uns im Freundeskreis gegenseitig bestätigt, dass es wahrlich Schlimmeres gibt, als den Urlaub in der Alpenrepublik zu verbringen.

Dann kam die Post von meiner ebenso weltgereisten wie kunstsinnigen und hedonistischen Freundin, die nur einen Katzensprung hinter Salzburgs Grenze in Bayern wohnt. Lisa malt, dichtet, hat Künstlern und Schriftstellern in ihrem Haus eine eigene Plattform errichtet, in die sie regelmäßig zu Ausstellungen und Lesungen lädt. Als einstige Gastronomin weiß sie ebenso gut, wie man Gäste bewirtet, wie sie als Gast Qualität in Essen, Getränken, Service und Ambiente sucht und wertschätzt.

Ihre WhatsApp-Nachrichten waren allesamt so originell, dass ich sie jeweils an verdiente Freunde weiterleitete. Von einem Bild der Queen angefangen mit dem Appell: „So please everyone stay in your castles!“ (Der royale Aufruf an die Untertanen, doch daheim in ihren Schlössern zu bleiben), über das Hundetrio, das sich fragt was los ist, weil jetzt alle Menschen Maulkorb tragen, bis hin zu einem Video mit Frauenporträts, gemalt von den größten Meistern von Rubens bis Picasso.

Ihre letzte Sendung kam einen Tag vor der Frohbotschaft, dass wir unser südliches Nachbarland partiell und mit Hausverstand wieder bereisen dürfen. Enit, die italienische Zentrale für Tourismus, hätte das nicht besser hingekriegt: Zu dem von Toto Cutugno komponierten und gesungenen Hit aus dem Jahr 1983 „L’Italiano. Lasciate mi cantare (Lasst mich singen)“ tauchen in drei Minuten so ziemlich alle Klischees auf, die uns Italien so zum Sehnsuchtsort machen: Am Anfang ein rotes Alfa-Romeo-Cabrio, das sich gerade die Serpentinen der Amalfitana nach Ravello hinaufarbeitet, dicht gefolgt von einer roten Vespa; Bougainvilleen-gedeckte Lauben hoch über dem Golf von Salerno; ein wunderschön gedeckter Frühstücks- tisch im Caffè Quadri auf dem Markusplatz in Venedig; die Agrumen-Gärten mit großen reifen Zitronen vor den Toren Neapels; der Mailänder Dom und die Galleria; ein Antipasto-Teller mit Meeresfrüchten, eine Pizza zum Anbeißen schön, ein Pastateller mit Cozze – bestimmt al dente; Roms Trevi Brunnen und der Canal Grande in Venedig mit Gondelverkehr; zum Schluss die historische Aufnahme der blutjungen, strahlenden Sophia Loren vor einer Riesenschüssel Gnocchi.

Fernweh

Jetzt begann sie wirklich zu schmerzen, die Sehnsucht. Ich tätigte einen Notruf bei meiner ebenfalls italophilen Freundin Anna und schlug ihr für den nächsten Tag ein Mittagessen in Wiens „Bar Campari“ vor. Wir genossen die dort sehr respektabel zubereitete Frittura mista (in dünnem Teig ausgebackene Meeresfrüchte) und Anna bedankte sich für die fröhlichen Stunden „Italianita“.

Das Fernweh war damit natürlich nicht vom Tisch.

Bekanntlich kommt der Appetit oft mit dem Essen. Sobald die ÖBB ihren Nightjet wieder aufs Gleis setzen Richtung Venedig, sind wir dort in der Lagunenstadt. Das haben wir einander versprochen. Zu Toto Cutugnos Welthit aus dem iPod werden wir singend über den Markusplatz tanzen. Nein schweben!

Was für ein Fest!

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