Johannas Fest: Riskante Themen-Essen

Darf man alle wieder ausladen, wenn just jene Person, zu deren Ehren man überhaupt eingeladen hat, ausfällt?
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Gute Gastgeber sind flexibel, verstehen sich auf die Kunst des Improvisierens und haben für alles einen „Plan B“; etwa dafür, dass die bestellte Küchenhilfe sechs Stunden vor Eintreffen der Gäste absagt, oder dass von letzteren vier ausfallen, weil sie ihre Babysitter im Stich gelassen haben. Wenn Gäste, die ursprünglich abgesagt haben, plötzlich doch kommen wollen, kann es eng werden. Und darf man alle wieder ausladen, wenn just jene Person, zu deren Ehren man überhaupt eingeladen hat, ausfällt?

Vor Jahren lud ich zu einem Überraschungsfest für meine Mutter. Sie war eine gebürtige Schweizerin und vermisste auch nach Jahrzehnten in Wien noch ihre Heimat. Seit 1899 zelebrieren unsere westlichen Nachbarn alljährlich am 1. August ihre Bundesfeier.

Ich lieh mir von der Schweizer Botschaft, was die nur so an Deko hergab: Lampions, rote „Fähnlis“ mit dem weißen Kreuz, eine Kuhglocke und CDs mit traditionellen wie auch avantgardistischen Alphornklängen. – Das muss man mögen!

Natürlich waren die paar waschechten Schweizer, die ich kannte, Fixstarter. Weiters lud ich Freunde, die irgendwelche Affinitäten zum Herkunftsland meiner Mutter aufwiesen, ein und brachte es so auf fünfzehn Personen.

Das Motto „rot-weiß“ zog ich bis zum Menü durch: Bündnerfleisch mit Perlzwieberln und natürlich Käsefondue standen auf dem Programm. Als Nachspeise nahm ich mir eine Crostata ai frutti di bosco vor, eine Spezialität, mit der die Tessiner das süße Leben genießen. Zur nationalgerechten Rebsaftbegleitung bestellte ich sogar einen Heida, die Perle der Alpenweine aus dem Wallis, vom mit 1.150 Metern höchsten Weinberg Europas.

Der Gast, für den ich das alles veranstaltete, fiel aber aus: Zwei Tage davor hatte die damals schon sehr betagte Mama die Einladung einer entfernten Verwandten nach Mallorca angenommen. Mit Sangria statt Heida und Paella statt Fondue wollten die beiden älteren Exil-Schweizerinnen ihren 1. August zelebrieren. – Meine Enttäuschung war groß, aber alles abzublasen, kam für mich nicht infrage. Das Fest endete in den frühen Morgenstunden – nicht zu Alphorn-, sondern zu Bandoneonklängen – mit Tangotanz.

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