Johannas Fest: Kulinarisches aus einem Topf

Eintöpfe gelten als „Soul Food“, lassen Experimentierfreudigen jede Menge Freiraum, man kann sie gut vorbereiten und sie machen wenig Arbeit.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Vor ein paar Jahren war ich auf den Azoren. Neun Inseln sind es insgesamt, wie zufällig hinein verstreut in den Atlantik zwischen Portugal und New York. Das nach ihnen benannte Hoch war zwar gerade verreist in die Gegenrichtung: Es bescherte Österreich damals eine ganze Woche lang strahlend blauen Himmel und angenehme Temperaturen, während es über den zu Portugal gehörenden neun Eilanden jeden Tag regnete (wenn auch immer nur in kurzen Güssen). Auf der vulkanischen Insel São Miguel genoss ich Cozido, eine der typischen kulinarischen Spezialitäten. Die Einheimischen schichten in ihren Eintopf, was gerade vorrätig ist: Erdäpfel, Zwiebel, Lauch, Kraut, Kohl und Karotten, Paradeiser, Zicklein, Huhn, Kaninchen oder Schwein und Morcela, die azorianische Blutwurst. Deckel drauf und dann wird unterirdisch gekocht. Sieben bis acht Stunden – also rund einen Arbeitstag lang – bleiben die Töpfe unbeaufsichtigt in ihren ein Meter tiefen Erdlöchern, aus denen es neunzig Grad heiß herausdampft. Gourmets kommen auf ihre Kosten, wenn sie den Deckel des Topfes heben und ihnen das betörende Aroma der zu einem einzigartigen Ganzen vermählten Zutaten entgegenschlägt.

Eintöpfe gelten als „Soul Food“, lassen Experimentierfreudigen jede Menge Freiraum, man kann sie gut vorbereiten und sie machen wenig Arbeit.

Anschaffung fürs Leben

Vergangenen Montag hatte ich im 4. Wiener Gemeindebezirk zu tun. In der Wiedner Hauptstraße sah ich in die Auslage eines alt etablierten Haushaltsgeschäfts, einer echten Institution, in der man vom Nagel, über den Flaschenreiniger bis zu höchstkarätigen Kochutensilien alles bekommt. Ein Laden, dessen Verkäuferinnen und Verkäufer Botschafter sind, Missionare für Qualität und Psychotherapeuten ihrer Klientel, der sie die Wünsche von den Augen ablesen.

Magisch zog mich ein Produkt der französischen Traditionsmarke Le Creuset ins Geschäft hinein. Es handelte sich um einen Gusseisen-Bräter. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er die Wärme regelmäßig über Boden, Wände und Deckel leitet und diese auch fernab vom Herd oder Backofen noch bis zu fünfundvierzig Minuten hält. Die guten Stücke haben allerdings auch ihren Preis.

„Sie werden sehen, gnädige Frau, das ist eine Anschaffung fürs Leben“, versicherte mir der versierte Verkäufer. Und setzte noch nach: „Sie können damit nicht nur köstliche Eintopf-Gerichte schmoren, oder Braten garen, sondern sogar Brot backen. Wird der Topf im Ofen so richtig aufgeheizt, übernimmt er die Funktion eines Schamottsteins.“ Selbst Brot backen – so weit hat mich bisher keiner der vergangenen Lockdowns getrieben. Aber bei den Preisen, die ich neuerdings für ein halbes Kilogramm Bio-Roggen-Brot oder für ein Wurzelbaguette hinblättere, sollte man niemals „nie“ sagen. Stolz schleppte ich das gusseiserne Schwergewicht heim.

Mein Mann, der alles Edle schätzt, war begeistert. Ganz spontan lud er für den nächsten Abend vier Freunde zur Inauguration des hochwertigen Kochutensils ein. Auf den Menüplan setzte der Göttergatte ein Gericht, das er wirklich meisterlich zuzubereiten versteht: Marokkanisches Rindfleisch mit gedämpftem Couscous. Ich freute mich auf den Genuss, auf die Freunde und auf das ganz spontane Fest. Und darauf, dass sich auch das Chaos danach in Grenzen halten wird. Eintopf hat schließlich den Vorteil, dass sich auch der Abwasch auf (fast) nur einen Topf beschränkt.

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