Johannas Fest: Heringsschmaus und Dorada a la sal

Wenn wir zum Heringsschmaus am Faschingsdienstag oder am Aschermittwoch einluden, gab es fast nur Zusagen.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Keine andere Abendeinladung erfreute sich über die Jahre hinweg sowohl bei unseren Gästen als auch bei uns Gastgebern gleich großer Beliebtheit. Wenn wir zum Heringsschmaus am Faschingsdienstag oder am Aschermittwoch einluden, gab es fast nur Zusagen. Nach dem üppigen Alkoholgenuss in der ausgelassensten Zeit des Jahres freuten sich wohl viele auf den Genuss des sauren Fischs, dem entgiftende Wirkung nachgesagt wird. Und vor der 40-tägigen Fastenzeit bis Ostern, die immer mehr Zeitgenossen auch mit überschaubarer Religiosität einhalten, fanden sich viele besonders gern zu einem geselligen Zusammentreffen ein.

Die Aussicht auf „Full House“ bei uns daheim freute uns genauso wie die Planung und Umsetzung des Buffets. Heringsschmaus in verschiedensten Varianten – vom klassischen mit Äpfeln, Zwiebeln und Gurkerln, über jenen mit Roten Rüben bis hin zu den exotischeren Varianten mit Curry etwa – war nur die Basis. Je nach Gästezusammensetzung und deren Einstellung zu Meeresfrüchten gab es neben diversen kalten und warmen Fischgerichten auch Muscheln und Krustentiere.

Schon allein die Optik des Buffets in seiner Farben- und Formenvielfalt war beglückend und meist passte das Ergebnis auch kulinarisch. Extreme Niederlagen, wie vor Jahren meinen ersten Versuch, eine „Dorada a la sal“ zuzubereiten, habe ich zunächst für längere Zeit verdrängt. Bei diesem Gericht handelt es sich um eine in einer Kruste aus Meersalz im Ofen gegarte Brasse. Wenn man es richtig macht, schlägt man Eiweiß ganz steif und unterhebt ein bis zwei Kilo grobes Meersalz in die Masse, die den Fisch einhüllen soll. Nach zwanzig bis dreißig Minuten im Backrohr ist das Bett betonhart und der Fisch butterweich, das Fleisch saftig und ganz zart salzig. Bei meinem Debüt habe ich die Haut der edlen Brasse leider mehrmals quer eingeschnitten, das Salz bloß mit Wasser vermengt.

„Alles für die Fisch“

Ergebnis: Es rieselte nur so durch die Hautritzen, die Brasse war einfach nicht essbar, der „Fisch für die Fisch“, sozusagen. Meine Freundin Andrea, damals an der Tafel Kronzeugin dieser Niederlage, beweist nimmermüde ihr hervorragendes Gedächtnis, in dem sie das bereits Jahrzehnte zurückliegende Debakel bei jeder Gelegenheit erwähnt.

Schwamm drüber! Mittlerweile habe ich oft genug geübt und bringe dieses Gericht fast haubenreif zu Tisch. Wie ein Bildhauer bearbeite ich vor den staunenden Gästen die steif gewordene Masse mit Hammer und Stemmeisen, um den Fisch freizulegen. Jedes Mal ein spektakulärer Imponier-Akt!

Zurück zum Aschermittwoch: Da mein Mann und ich ohnehin keine fanatischen Faschingsanhänger sind, empfinden wir ihn auch nicht als Stichtag für „Schluss mit lustig“. Heuer natürlich schon gar nicht. Schließlich ist von Mainz bis Venedig und von Basel bis zur Parade der Sambaschulen in Rio de Janeiro ohnehin alles ausgefallen.

Statt zu Salsa-&-Samba-Rhythmen trainiere ich neuerdings allmorgendlich zum TV-Programm „Fit mit Philipp“. – Das und mehrmals pro Woche eine ausgedehntere Wanderung mit unserem Schnuffi Amy verbrennt zwar die im vergangenen Jahr raufgefutterten Kilos nicht, hält aber immerhin beweglich und bei Laune.

Was sonst noch Freude macht? Dass die Tage wieder länger werden und dass wir ab morgen wieder zwei Personen einladen dürfen. Hurra, wir werden den Heringsschmaus und ein paar Gläser edler Rebsäfte heuer zu viert genießen und uns dann in ein individuelles Intervall-Fasten begeben. Schließlich bestätigen ja Ausnahmen die Regeln, insbesondere in unserem aktuellen Ausnahmezustand, oder?

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