Johannas Fest: Ein Kraut, das polarisiert

Bärlauch verströmt einen Duft, der für seine Liebhaber Gaumenfreuden verheißt, für seine Gegner hingegen einen olfaktorischen Affront darstellt.
Johanna Zugmann

Johanna Zugmann

Die Magnolienblüten sind aufgegangen, die Forsythien strahlen grellgelb und die Pfirsichbäume erfreuen mit ihrer pinken Blütenpracht – endlich wieder Frühjahr!

Heuer ist es für mich scheinbar ganz plötzlich gekommen. Anfang März habe ich im grünen Prater in Wien die ersten zarten Bärlauch- Blättchen erblickt, noch zu klein, um sie zu ernten. Zwei Wochen später waren die wildromantischen Pfade entlang der noch nackten Laubbäume schon mit den typischen, üppigen, sattgrünen Teppichen aus „Allium ursinum“, so der lateinische Name der Pflanze, überzogen. Sie aufzufinden, ist denkbar einfach: Man muss immer nur der Nase nachgehen. Schließlich verströmt das mit dem Knoblauch verwandte Zwiebelgewächs einen unverkennbaren Duft, der für seine Liebhaber Gaumenfreuden verheißt, für seine Gegner hingegen einen olfaktorischen Affront darstellt. – Kein Zweifel, das Wildkraut spaltet die Essgesellschaft!

Ich gehöre zur ersten Gruppe. Ich liebe seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten – von Brotaufstrichen, Pestos über die Bärlauchsuppe bis hin zu den in Essig eingelegten Knospen. Dabei ist das zur Ordnung der Spargelartigen zählende Gewächs nicht nur schmackhaft. Die Römer kultivierten Bärlauch unter dem Namen „Herba salutaris“. Sie verzehrten ihn als das Gesundheitskraut schlechthin.

Kulinarische Fixpunkte

Im Anschluss an einen langen Winter ist die Sehnsucht nach buntem Augenschmaus und aromatischen Gaumenfreuden groß, und Wald und Wiesen kredenzen uns essbare Natur pur. Zu meinen selbst gekochten kulinarischen Fixpunkten im Jahresverlauf zählt das Frühjahrdinner. Noch ehe der heimische Spargel auf die Märkte kommt, tobe ich mich mit Frühjahrsboten aus Wäldern und Wiesen aus. Eine Verwechslung des Bärlauchs mit den giftigen Blättern der Maiglöckchen oder der Herbstzeitlosen muss ich nicht fürchten, dazu kenne ich mich zu gut aus.

– Aufpassen muss ich hingegen, dass mir ja keine Bärlauch-Hasser auf die Gästeliste kommen.

Diese würden nämlich mit ihrem Credo

„Lieber hunger ich mit Leerbauch, als ich ess’ etwas mit Bärlauch“ (© Andreas Schwarz, im KURIER alle Jahre wieder zu lesen, zuletzt am 10. März 2023) das prima Klima vergiften!

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