Johannas Fest: Die DNA von Lieblingsgästen
Linda und Christoph könnte man zu jeder Einladung auf die Gästeliste setzen. Die Architektin und der Berater haben alles, was Freunde zu Fixstartern für gesellige kulinarische Zusammenkünfte macht.
Das beginnt schon einmal mit ihrer adretten Erscheinung: Die Kleidung ist geschmackvoll und dezent, oft noch mit einem Schuss britischen Humors, wie etwa Christophs rot-schwarz-grün karierte Hose. Augenweide und Gaumenfreude sind gesichert! Sie fragen nicht, wer sonst noch kommt, sondern vertrauen darauf, dass der Abend schon nicht in die Rubrik Zeitverlust einzureihen sein wird. Die Verlässlichkeit, dass sie nach einer Zusage auch tatsächlich eintreffen und das sogar ziemlich pünktlich, beträgt fast 100 Prozent.
Nebst ansteckend guter Laune bringen die Oberösterreicherin und der Wiener meist etwas Prickelndes französischer Provenienz für die Gastgeber mit – und das ist jetzt wirklich einzigartig – etwas Quietschendes für deren vierpfötiges Familienmitglied. Die Mittvierzigerin und der 50-Jährige begegnen allen anderen Gästen mit großer Aufmerksamkeit, sind perfekte Zuhörer und erzählen von sich selbst nur dann, wenn sie direkt gefragt werden.
Dabei hätten sie viel zu erzählen. Sie sind, was Theater und bildende Künste betrifft stets „up to date“. Regelmäßig besucht das Paar Ausstellungen, fährt zur Biennale nach Venedig, im Frühjahr stehen Veranstaltungen der Wiener Festwochen und im Sommer der Salzburger Festspiele auf dem Programm.
Die beiden haben keine Allergien und keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten und sind keine Vegetarier, was die Menüplanung vereinfacht. Sie probieren alles, loben das Essen, leeren Ihre Teller und nehmen auch schon einmal einen Nachschlag, was sie sich mit ihren Idealfiguren locker leisten können und die Hausfrau glücklich macht.
Keine Aufbruchstimmung
Sie sind ideale Sitznachbarn, die sich in beide Richtungen unterhalten, mit lustigen Anekdoten für heitere Stimmung sorgen und dank ihrer vielseitigen Vernetzung immer wieder mit Informationen verblüffen, die noch nicht in den Zeitungen stehen.
Linda und Christoph legen mit Hand an, wenn es gilt, Speisen aus der Küche zum Esstisch zu bringen, leere Gläser nachzufüllen und die Tafel abzuräumen. Und sie wissen letztendlich um den richtigen Zeitpunkt, Abschied zu nehmen: Einen zu frühen Aufbruch könnten die übrigen Gäste als falsches Signal, ebenfalls gehen zu müssen, werten. Umgekehrt bleiben sie auch nicht sitzen, bis den Gastgebern die Augen zufallen.
Das Wiedersehen mit den beiden hat übrigens am nächsten Tag ein Nachspiel: Dann, wenn sie sich melden und nochmals herzlich für die Einladung bedanken.
Worauf man bei den Kultur-, Natur- und Menschenliebhabern nicht warten sollte – sieht man einmal vom „open house“ an ihrem kleinen gepachteten Badegrund an einem der schönsten Seen Österreichs ab –, sind Gegeneinladungen. Das hat einen ganz einfachen Grund: Sie rangieren nicht nur auf unserer, sondern auch auf den Gästelisten ihrer Familien und ihrer vielen Bekannten aus Wirtschaft, Politik und Kunstschaffenden als Fixstarter ganz oben und sind der Bilokation (die Fähigkeiten an zwei oder mehr Orten gleichzeitig zu sein) nicht mächtig.
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