Johannas Fest: Der Laptop bleibt draußen
Vor ein paar Jahren war ich mit meiner Nichte zum Abendessen bei einem Inder der gehobenen Preisklasse verabredet. Es ist ein ganz kleines Lokal mit nur zwölf Tischen, orientalischer Einrichtung und leisen Sitarklängen (eine gezupfte Langhalslaute) im Hintergrund. Meine Nichte und ich hatten beide eine sehr stressige Arbeitswoche hinter uns und haben dieses unaufgeregte Lokal ausgewählt, um herunterzukommen. – Hervorragendes Essen und edle Rebsäfte genießen statt Meditieren und Yoga.
Nach einer halben Stunde hatte es der Mann am Nachbartisch geschafft: Er war zu unserem dezidierten Feindbild avanciert. Nicht etwa, weil er schmatzte oder schlürfte. Nein, aber er verhandelte schon dreißig Minuten laut und in schlechtem Englisch telefonisch Lieferkonditionen und Preise einer IT-Software.
Normalerweise platzt mir da der Kragen zuerst, aber diesmal war die Frustrationstoleranz meiner Nichte schneller erschöpft. Sie pflanzte sich vor dem Störenfried auf und fragte ihn scharf: „Sagen Sie, haben Sie kein Büro?“ – Die Intervention war erfolgreich: Augenblicklich beendete er sein Gespräch.
Noch schlimmer kann es hergehen, wenn jemand seine Videokonferenz am Nachbartisch abhält. Das mag die übrigen Gäste kalt lassen, wenn sie in einem Burger-Lokal Nahrung aufnehmen, um ihren Hunger zu stillen. Sind sie in einem besseren Etablissement, in dem es zu genießen gilt, ist das ein absolutes No-Go!
In der Schweiz schieben immer mehr Gastronomen der Umfunktionierung ihrer Lokale zu Büros einen Riegel vor: Sie verbieten den Laptop am Tisch. Eine weise Entscheidung im Sinne des Umsatzes und des Genusses!
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