Herr ohne Hund

Ganz allein Gassi gehen. Es gibt kaum was Traurigeres.
Barbara Beer

Barbara Beer

Jetzt ist es zwei Jahre her, das große Einsperren. Es gibt Leute, die hatten später Lockdown-Nostalgie. Nach den Serien, die sie geschaut, den Broten, die sie gebacken und den Leuten, die sie nicht getroffen haben.
Na ja. Wir im Redaktionskomitee der Wiener Ansichten waren ja nie besondere Fans von  irgendwelchen neuen Normalitäten.
Gut allerdings war, dass die Menschen einander plötzlich gegrüßt haben. So, als hätten sie sich darauf besonnen, jetzt  doch noch rasch freundlich zu werden, bevor’s vielleicht zu spät ist. Man wusste ja nicht, wie das alles weitergehen würde, mit uns und der Welt.
Was ist davon geblieben?
Den älteren Herrn mit den Blondinen grüß ich immer noch. Und mein Mann fragt mich auch nach zwei Jahren noch jedes Mal: Wer ist das? Na, sag ich, der wohnt doch da vorne, mit seinen blonden Labradorhunden, etwas fußmarode Damen, wir treffen sie meistens morgens beim Gassi gehen.   
Auch die kleine, schon um sieben in der Früh rauchende Frau mit den zwei Was-weiß-ich-für-eine Rasse-Hunden grüßen wir, Darius und Marius hat sie sie immer gerufen. Jetzt ist nur mehr einer übrig, ich weiß aber nicht, ob Darius oder Marius. Die kleine Frau wirkt jetzt noch kleiner.    
Und dann war da der Mann mit seinem schwarz-weiß gescheckerten Hund. Fröhlich waren sie immer, die zwei. Wenn wir einander einmal verpasst haben, hat er uns am nächsten Tag gefragt, wo wir waren, ob wir die Route geändert hätten oder gar krank gewesen wären.
Die regelmäßigen Morgenspaziergänge sind längst vorbei. Einmal haben wir den Mann allein  am Markt getroffen. Da hat er erzählt, dass der Hund sehr  krank ist. Zuerst hat er gedacht, der Hund weint, weil ein Familienmitglied gestorben ist. Dann hat sich herausgestellt: Die feuchten Augen kamen vom   krank sein.     
Lieber Herr ohne Hund, ich weiß nicht, ob ich mich darauf freuen soll, Sie wieder zu treffen, denn ich hab Sorge, dass Sie jetzt immer ohne Hund sind. Sie sollen aber wissen: Wir denken an Sie. Und sogar mein Mann weiß, wer Sie sind.      

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