„Gnädigste sind genauso elegant wie unsere Verfassung“

"ÜberLeben": Das Erbe von Ibiza - alles ist anders, und die verheerenden Vengaboys sind wieder da.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Der folgende Gedanke ist aus dem Film „Goodbye Lenin“ gestohlen. (Falls Sie den noch nicht kennen – unbedingt anschauen, er ist wunderbar komisch und traurig zugleich.)

Also: Angenommen, jemand fiel am Freitag, den 17. Mai, in einen sehr langen und sehr tiefen Schlaf – dann wachte er einige Tage später in einer völlig fremden Welt auf. Der Bundeskanzler hieß bei Redaktionsschluss dieser Kolumne Hartwig Löger, es gab Minderheits- und Expertenkabinette, im Nationalrat wurde ein Bundeskanzler per Misstrauensvotum durch eine  rotblaue Mehrheit abgesetzt.

Plötzlich war alles anders. Professionelle Aufreißer näherten sich in Szene-Bars der Damenwelt mit Sätzen wie „Gnädigste sind genauso elegant wie unsere Verfassung“. Überhaupt war jeder, der wenigstens ein Semester  Verfassungsrecht studiert hatte – oder erfolgreich so tun konnte, als ob – auf einmal im Vorteil. An den virtuellen und realen Stammtischen dieses Landes  wurde nicht mehr über Fußball  diskutiert, sondern über die Feinheiten der Machtbalance zwischen Präsident und Nationalrat, und der meistzitierte Mensch war nicht mehr Marko Arnautovic, sondern Hans Kelsen. Legislaturperioden wurden nicht mehr in Jahren gemessen, sondern in Tagen oder Stunden. Am Ballhausplatz wurden Übergangsregierungen von Übergangsregierungen angelobt und entlassen oder beides gleichzeitig.

Wenn Sie diese Kolumne lesen – also etwa zehn Tage, nachdem sie geschrieben wurde – kann schon wieder alles anders sein. Vielleicht hat ja inzwischen Robert Heinrich Palfrader die Macht übernommen. Nur eines ist, fürchte ich, geblieben: die Vengaboys.

Diese in jeder Hinsicht verheerende und fürchterliche Gruppe ist das hässliche Erbe, das uns Strache und Gudenus hinterlassen haben. Im Zuge des Ibiza-Skandals hatten sie mit ihrem Hit „We’re Going To Ibiza“ ein massives Comeback. Und gegen die Vengaboys hilft nicht einmal ein Misstrauensantrag.

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