Gemütlich bin ich selbst
Ich verlange von einer Stadt, in der ich leben soll: Asphalt, Straßenspülung, Haustorschlüssel, Luftheizung, Warmwasserleitung. Gemütlich bin ich selbst.
Ganz so genügsam, wie sich Karl Kraus hinsichtlich seiner Bedürfnisse zum Leben in der Stadt zeigte, sind wir im Redaktionsteam der Wiener Ansichten nicht. Und die meisten von Ihnen wohl auch nicht. So stimmten einige Leserinnen in unser vorwöchiges Wehklagen über den Verlust der Gärtnerei Baumgartner ein. Besonders berührte der Brief von Frau B.: Ich war dort 40 Jahre Kunde, habe von meinem Mann jede Woche einen Blumenstrauß von ihr (der Frau Baumgartner, Anm.) bekommen und nach seinem Tod hab ich ihn mir zum Wochenende immer selbst gekauft. Sie hat blumentechnisch mein ganzes Leben begleitet – von Taufen, Hochzeiten bis zu allen Begräbnissen.
Bunte Blumen sind jetzt, in dieser grauen Zeit, wichtig. Aber wie Sie wissen, geht es um mehr. Es geht um das ganz Persönliche. Es geht darum, wie Leserin R. schreibt, dass man auch, nachdem man längst aus dem Grätzel weggezogen ist, immer noch zur Frau Baumgartner gefahren ist, um sich einen Adventkranz zu holen.
Nicht, weil er so einzigartig gewesen wäre. Aber weil man in einer Stadt ein bisschen mehr braucht als Heizung und Warmwasser. Man braucht Bezugspunkte, ein persönliches Koordinatensystem. Und das brauchte ganz bestimmt auch Karl Kraus. Man stelle sich vor, man hätte ihm in jungen Jahren sein Theater oder sein Café weggenommen. Das soll jetzt kein Lamento über die weiter versperrten Bühnen und Gasthäuser sein. Wir weinen leise. Immerhin ist diese Lücke in unserem persönlichen Koordinatensystem vorübergehend. Und über einen Ersatz für die unersetzliche Frau Baumgartner denken wir mit Leserin B. und Leserin R. nach.
Was Farbe betrifft: Der Maler Hans Staudacher ist gestorben. Einen Eindruck seines farbenprächtigen Werks kann sich verschaffen, wer das Foyer des Wohnparks Alt Erlaa besucht. Dort hängt viel tolle Kunst. Eine Empfehlung, nicht nur an trüben Tagen.
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