„Schatz, wenn du willst, rette und recycle ich die Plazenta“

„Schatz, wenn du willst, rette und recycle ich die Plazenta“
Neulich kam mein Dottore Amore verstört nachhause. Beim Männerabend wurde über Geburtsvorbereitung gesprochen.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Die Buben unserer Generation sind ja aufgeklärte Feministen, die bei einer Geburt nicht einfach nur dabei, sondern involviert sein wollen. Mann riet dem Meinigen, Wechselhemden einzupacken, weil der Mann bei einer Geburt mehr schwitze als die Frau, rechtzeitig den Oberkörper nackig zu machen, um mit dem Neugeborenen zu bonden, aber ob der Schönheit des Bondings nicht die Plazenta zu vergessen. Ganz Arzt, der mein Mann auch ist, antwortete er: „Die untersucht eh der Kollege Gynäkologe.“ 

Die Männerrunde war relativ überrascht, dass er sich noch keine Gedanken über die Plazenta gemacht hatte. „Du musst die Plazenta retten, sonst kommt sie in den medizinischen Müll!“, klärten sie meinen Mann auf. Zwei der Anwesenden hatten sie tiefgefroren und ihren Wöchnerinnen daraus mit Obst einen Smoothie bereitet – angeblich ein Wundermittel, um die postnatale Regeneration zu beschleunigen. 

Die anderen vergruben sie bei den Wurzeln jener Bäume, die sie zur Geburt ihres Kindes pflanzten, damit diese erste Nahrung des Kindes wieder Teil der Natur werde. Die Kinder sind schließlich Generation Greta. Mein Mann war verzweifelt: „Schatz, wenn du willst, rette und recycle ich die Plazenta.“ Nach diesem Satz wusste ich, ich würde nimmer schlafen können. 

„Meinetwegen kann die aber gerne in den medizinischen Müll.“ „Bin ich eh kein schlechter Papa, wenn ich nur einen Baum pflanze? Ohne Plazenta?“ „Alles gut!“, sagte ich. Und war heilfroh, dass er mir keinen Smoothie andrehen wollte. Es ist toll, dass mein Liebster ein moderner, an der Geburt aktiv beteiligter Mann sein will. Aber ich bin nicht so modern. Mir reicht seine Anwesenheit völlig. 

Vea Kaiser, das Ausnahmetalent aus Niederösterreich, ist seit ihrem umjubelten Buch-Erstling „Blasmusikpop“ von 2012 („großer Literaturspaß!“, „schwindelerregendes Debüt“) unumstrittene Lichtgestalt der jungen heimischen Literatur. Sie schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

vea.kaiser@kurier.at

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