Friedhof oder Fachmarktzentrum

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Das herrschende Effizienzdiktat macht das Landleben nicht leichter. Der Wachstumswahnsinn benötigt laufend Kundschaft.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Was nicht zu Tode wächst, wird umgebracht. Oder zugesperrt. Denn das Zauberwort heißt jetzt „Bedarfsanalyse“. Versorgungssicherheit war gestern.

Und so eine Bedarfsanalyse ergibt mit hoher Wahrscheinlichkeit, dass sich etwa der Betrieb eines, sagen wir, Postamts oder Gasthauses in Wien Margareten deutlich mehr rechnet als beispielsweise in St. Margarethen im Burgenland.

Wien Margareten ist mit derzeit 27.133 Einwohnerinnen und Einwohner pro Quadratkilometer der Bezirk mit der höchsten Bevölkerungsdichte Wiens. Das Burgenland verzeichnet eine durchschnittliche Bevölkerungsdichte von 76 Einwohnern pro Quadratkilometer. Man benötigt keinen Taschenrechner, um zu ahnen, wo die Kundenfrequenz möglicherweise höher sein wird.

Quälend gleiche Meldungen

Schaut man Richtung Süden, wird die Zahl noch geringer. Der Bezirk Güssing weist derzeit mit 53 die geringste Bevölkerungsdichte des Burgenlands auf. Dort und im benachbarten Bezirk Jennersdorf lauten die Regionalschlagzeilen derzeit Woche für Woche quälend ähnlich:

  • „Gesundheitskasse prüft, ob die dritte Kassenarztstelle aufgelassen werden soll“
  • „Postzustellbasis soll geschlossen werden“
  • „Gasthof schließt nach 130 Jahren“ ...

Hinzu kommen Meldungen aus ganz Österreich, dass Gemeinden ihre Sportstätten, von öffentlichen Schwimmbädern bis zu Eislaufplätzen, aus Kostengründen schließen.

Einzig die Schlagzeile „Friedhofsverkauf“ stellte sich als fiktiver Stoff der satirischen Kammeroper Umgraben heraus, die ab Freitag im OHO (Offenen Haus Oberwart) aufgeführt wird. – Oder doch nicht rein fiktiv?

Wenn der ländliche Raum entweder zugesperrt oder von Regionalkaisern verschachert wird, ist es womöglich nicht mehr weit bis zur Bedarfsanalyse, ob ein Friedhof oder ein Fachmarktzentrum rentabler ist.

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