Endzeitgläubig? Nein, lediglich zu faul

Warum die Vorratswirtschaft meiner Oma auch bei mir zu Hause triumphiert.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Meine Großmutter verstarb vor fünf Jahren, doch als mein Vorbild bleibt sie lebendig. Ihre Meinung, dass man Männern immer ihren Willen lassen sollte, teile ich zwar nicht: Würde ich meine Mitbewohner machen lassen, was sie wollen, wären sie übergewichtig und mit der Couch verwachsen. Der eine würde sich Zigarette an Zigarette anzünden (Mann), der andere jeden Ball der Welt zerstören (Hund), und ernähren würden sich beide von Pizza und Kinder-Schokolade.

Doch worin ich meiner Oma nacheifere, ist ihre Vorratswirtschaft. Sie hatte stets alles zuhause, was sie benötigte, obwohl sie nur einmal im Monat einkaufen ging. Erwähnt werden muss: Sie lebte in einem Haus auf dem Land und verfügte über Gemüsegarten, Speis, Erdkeller und zwei Tiefkühltruhen (groß genug, um notfalls dreieinhalb ausgewachsene Männer darin unterzubringen – vielleicht daher ihre Gelassenheit gegenüber testosterongetriebenen Spompernadeln).

Närrische Geburtstagsfreuden 

In unserer Etagenwohnung sind die Stauraumverhältnisse andere, dennoch arbeite ich an Speiseplänen und Vorratsmanagement. Jedes Halbjahr gibt’s dann Inventur, was im Freundeskreis für Spott sorgt. Man scherzt, ich sei auf dem Weg zur Prepperin, also zur endzeitgläubigen Neurotikerin, die für den Katastrophenfall bunkert. Dabei bin ich lediglich zu faul, um ständig darüber nachzudenken, was auf den Tisch kommt, und danach einzukaufen. Das ist viel zu anstrengend!

Dank des Ost-Lockdowns kann meine Methode zurzeit triumphieren. Da man auf Geburtstage, Neugeborene und Jobwechsel nicht anstoßen kann, verschicke ich massenhaft Grußkarten. Narrisch vor Freude rufen die Empfänger an und bedanken sich, wie vorausschauend ich an sie gedacht hab! Unter uns: Hab ich natürlich nicht. Doch wenn man vier Dutzend Glückwünschkarten zu allen Anlässen in der Schublade hat, ist man in Zeiten wie diesen für jedes Ereignis gewappnet.

vea.kaiser@kurier.at

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