Fabelhafte Welt: Wie geht’s Ihnen im Jahr 2021?
2021 lässt sich unerhört viel Zeit mit der sehnlich erwarteten, deutlichen Abgrenzung zum Vorgängerjahr. Wie geht’s Ihnen? Die meisten Menschen in meinem Umfeld sind sehr müde. Egal, wie viel sie schlafen. Eine Freundin fragte unlängst, ob es einen Philosophen gäbe, der ihr Trost spenden könne. Sie sehne sich schmerzlich nach Bar-Abenden und Städtereisen, nach Tanzen in verschwitzten Mengen und Schmusen mit Fremden. Nicht, dass diese Freundin je mit einem Fremden geschmust hätte – es ging ihr mehr ums Prinzip. Ich empfahl ihr, sich an Epikur zu halten. Einem der am häufigsten falsch interpretierten Denker der Weltgeschichte. Heute versteht man unter Hedonismus das maßlose Genießen, das Ausschweifen, das Streben nach den erlesensten Vergnügen – doch für Epikur war Hedonismus das Zelebrieren der erreichbaren Lust. Das Zentrum von Epikurs Welt war sein Garten. Auch er bewegte sich kaum von zu Hause weg. Am Eingang befand sich angeblich ein Schild: „Hier werden deine Begierden nicht gereizt, sondern gestillt.“ Epikur empfiehlt uns, nicht nach dem Unerreichbaren zu streben, über das Unverständliche den Kopf zu zerbrechen und vom Unveränderlichen aufreiben zu lassen. Sondern die kleinen, erreichbaren Freuden zu genießen. Für ihn war das zum Beispiel ein Stück Käse. Das individuelle Lebensglück möge man in dem suchen, was zur Verfügung steht. Um durch diese Bedürfnisregulierung den prächtigsten Zustand zu erreichen: die Seelenruhe.
Cicero lehnte Epikurs Lehren ab. Und ich eigentlich auch. Man soll unbedingt nach den Sternen greifen und sich über Ungerechtigkeiten echauffieren! Doch solange wir in unseren „Gärten“ bleiben müssen, kann man sich ja an Ober-Gärtner Epikur orientieren. Um dann, sobald der Garten verlassen werden kann, Kraft zu haben, nach den Sternen zu streben. Besonders nach den unerreichbaren.
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