Es ist, als blühten sogar die Wiener Grantherzerln auf

Es wird Frühling. Und der heurige Lenz scheint „lenziger“ zu sein als vorherige Lenze.
Vea Kaiser

Vea Kaiser

Während die Temperaturen steigen, die Krokusse durch den Boden brechen, die Tierwelt sich fröhlich fortpflanzt und die ersten Frühblüherpollen mein Näschen sekkieren, erwacht auch unser Haushalt zum Leben. Meine Männer sind nämlich Winterschläfer. Seit Oktober vegetierten sie schläfrig zwischen Küche und Couch.

Nun, da der Frühling kommt, benötigt mein Dottore Amore plötzlich zwei Stunden weniger Schlaf pro Tag und der Hund versteckt sich nicht mehr unter dem Sofa, wenn ich ihn nach 20 Uhr zum Nachtspaziergang rufe. Beider Haar glänzt, beider Appetit hat zugenommen, beider Laune ist besser – und das weit ausgeprägter als in den vergangenen Jahren. Überhaupt scheint der heurige Lenz „lenziger“ zu sein als vorherige Lenze. Die Menschen in der Schlange vor dem Eisgeschäft gegenüber meiner Wohnung sind viel vergnügter, als es Menschen, die in ein paar Minuten etwas süßes Kaltes schlecken werden, ohnehin sind.

Meine nicht vergebenen Freundinnen tindern und daten, als könnten sie damit die Welt befrieden. Meine vergebenen Freundinnen sind schwanger. Die Vögel singen lauter. Das Grün ist satter. Die Sommer sind wärmer. Unlängst plauderte ich eine Viertelstunde mit einer Dame sehr nett über Zitronenkuchen, während wir auf Einlass in eine französische Bäckerei warteten. Danach stellte ich fest, dass ich in diesen Frühlingstagen überhaupt oft mit Fremden plaudere, was im Smartphone-Zeitalter selten wurde.

Es ist, als kröchen alle und alles wieder aus ihren Löchern, um zu strahlen. Als blühten sogar die Wiener Grantherzerln auf. Es gibt ein gewitztes Kuckuckszitat, das dem deutschen romantischen Dichter Jean Paul zugeschrieben wird, und das ich Ihnen, weil es so hübsch ist, mit hinaus in diese sprießende, herrliche Zeit geben will: „Das Schöne am Frühling ist, dass er immer dann kommt, wenn man ihn am dringendsten braucht.“

vea.kaiser@kurier.at

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