Eine Krankheit namens Optimismus

Der Kabarettist Klaus Eckel ist, alternierend mit Kollegen, ab sofort regelmäßig Autor der Kolumne "ANDERERSEITS".
Der Kabarettist Klaus Eckel über die Fortschritte der Menschheit.

Wenn Sie einmal ihren Freundeskreis provozieren wollen, dann rate ich Ihnen zu folgender Aussage: „Eigentlich entwickelt sich Österreich hervorragend!“ Als ich diesen Satz an einem Heurigentisch fallen lies, erntete ich Blicke, die mir eine Entmündigung nahe legten. „Ist bei dir das Internet kaputt? erwiderte Georg. „Unsere Politiker sind korrupt, das Essen wird immer teurer, und letzte Woche haben erneut zwei Hunde im Wald Jogger attackiert“ „Du irrst“ entgegnete ich „in den letzten zehn Jahren standen nur 0,11 % der österreichischen Politiker vor Gericht, lediglich 0,14 % der österreichischen Hunde beißen Menschen und im Vergleich zu den 50er Jahren ist der Anteil der Haushaltskosten für Lebensmittel um 38 % gesunken“. Danach saß ich alleine am Tisch. Optimismus macht einsam.

Der Skeptiker gilt stets als weise, der Hoffnungsfrohe meist als naiver Idiot. Vermutlich weil das Gute nie im medialen Rampenlicht steht. Wenn alle Hunde, die nicht beißen, alle Muslime, die keinen Dschihad fordern und sämtliche Flugzeuge, die nicht abstürzen, medial besprochen werden, dann wäre jede Sonntagszeitung so dick wie der Brockhaus. Die Nachrichten hanteln sich unentwegt von Breaking-News zu Breaking-News und meine Wahrnehmung ist mittlerweile skandalmüde. Unsere Geschichte besteht sicher aus unzähligen Verfehlungen, aber in den Bereichen Demokratie, Armutsbekämpfung und Wurzelbehandlungen gibt es auch erwähnenswerte Lichtblicke. Der Titel für die Autobiografie der Menschheit müsste wahrscheinlich lauten: „Wir pfuschen vorwärts“. Ein Beispiel: Nach einem Disput tranken die Kelten gerne Wein aus den Totenschädeln ihrer Feinde. Bei aller berechtigten Kritik an der Diskussionskultur in sozialen Medien, also ich erkenne Fortschritte.

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