Niemand hat keine Ahnung

Klaus Eckel
Klaus Eckel über Replikationsfaktoren und die Vertrottelungskurve in der Corona-Krise.

Mitten in meinem Covid19-Sabatical bot mir das AMS doch glatt ein Online-Umschulungsprogramm zum Teilzeitvirologen an. Das Diplom hängt schon in meinem Büro. Jetzt spuck ich Sätze aus wie: „Die Prävalenz der Inkubationszeit hat einen Replikationsfaktor von 0,8“.

Im Jänner war Corona noch eine Biermarke, aber jetzt weiß ich Bescheid. Aufgrund dieses Erfolges absolvierte ich jetzt auch noch den Humboldt-Kurs als Nebenerwerbsepidemologe und seit gestern bin ich dank eines kostenlosen Zweistündigen-Lehrganges Freizeitvolkswirt. Ich musste nur 21 Werbefenster wegdrücken. Fantastisch ausgebildet rückte ich auf die Straße, mit dem Plan die Nachbarschaft mit meinem Know-how zu beeindrucken. Doch ich wurde enttäuscht. Sämtliche Mitmenschen genossen dieselbe Ausbildung. Alle ehemaligen Teamchefs sind jetzt Teilzeitvirologen. Wahrscheinlich weil die Nationalmannschaft derzeit nicht spielen darf.

Ein Nachbar belegte zusätzlich noch den Online-WIFI-Kurs „Zukunftsforscher-in-30-Minuten“. Er erklärte mir, dass im Juli weltweit ein Impfstoff zugelassen wird. Da die Wirtschaft drängt, werden behördlich beide Zulassungsaugen zugedrückt. Aufgrund von verheerenden Nebenwirkungen werden im August am Impfstoff weltweit alle Menschen sterben. Außer die Impfgegner. Die werden vor Freude in die Luft springen, jedoch nur kurz, weil die sterben dann drei Woche später an Masern. Ich war von dieser evidenzbasierten Prognose begeistert. „Genau“ ergänzte ich „und der Herrgott wird in seinen Rauschebart lächeln und von der neuen Normalität sprechen“.

In Anbetracht dieser vielen neuen Corona-Theorien können wir Österreicher uns auf eine Sache ganz sicher einigen. Die Vertrottelung wächst nach wie vor exponentiell.

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