Drei-Klassen-Gesellschaft

"Tagebuch": Hinsichtlich Tempo und Kampfgeist musste Austria – Innsbruck einen Vergleich mit manchem WM-Match nicht scheuen.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Arsenal (mit Mesut Özil als neuem Kapitän) und Atlético Madrid in Singapur, Liverpool, Dortmund, Bayern und Barcelona in den USA: Während die reichsten Klubs zur PR-Zwecken quer durch die Welt düsen, um noch reicher zu werden , startet parallel zu Österreichs Oberhaus in Deutschland die dritte Liga.

Trotz des deutschen WM-Flops und nicht enden wollendem medialen Nachbeben ist das Fußballinteresse beim großen Nachbarn ungebrochen.

41.324 Menschen strömten gestern zum Match Kaiserslautern gegen 1860 München (1:0). In Worten: Einundvierzigtausenddreihundertvierundzwanzig in der dritten Leistungsstufe! Da darf sich hierzulande niemand wundern, dass Teamkandidaten à la Louis Schaub (von Rapid zum Absteiger Köln) oder Thorsten Röcher (von Vizemeister Sturm nach Ingolstadt) wechseln. In der deutschen zweiten Liga wird drei Mal mehr gezahlt als in der österreichischen ersten (Ausnahme: Salzburg).

„Mit unserem Möglichkeiten können wir auf dem Transfermarkt nur noch in deutschen Regionalligen Ausschau halten“, sagt Innsbruck-Coach Karl Daxbacher. So gesehen hat sich der FC Wacker aus Innsbruck (wo acht Mannschaften kaum zwei Trainingsfelder zur Verfügung stehen) beim Liga-Start in Wien wacker gehalten.

Auch wenn das erste Resümee nach dem ersten Spiel in der ersten Liga vermessen klingt: Hinsichtlich Tempo und Kampfgeist musste die Partie AustriaInnsbruck einen Vergleich mit so manchem WM-Match nicht scheuen.

Wenn die Stimmung stimmt (= 13.200 in Favoriten), passt auch die Leistung. Der Vollmond dürfte im Gegensatz zu den verdient siegenden Austria-Spielern nur einige ihrer Anhänger irritierte haben. Wie sonst ist zu erklären, dass in Abwesenheit des urlaubenden Austria- Geschäftsführers Markus Kraetschmer ein Transparent gespannt wurde, mit dem unterm Motto „Austria-Stadion nur für Austria“ (aber nicht für Österreich?) gegen die Verlegung des nächsten Länderspiels nach Favoriten protestiert wird. Und das, obwohl die Austria als Vermieter eine kräftige, dringend benötigte Euro-Summe erhält.

Gespielt wird am 6. September gegen Schweden. Am selben Tag, an dem bei einem Wiener Gipfeltreff von Behörden und UEFA gegen Pyrotechnik neue Maßnahmen geplant sind, die Hardcore-Fans (nicht nur violette) mehr als der Ländermatch-Schauplatz stören werden.

Bei der rauchfreien WM sind die schwarzen Schwaden Trainern, Spielern und TV-Zusehern nicht abgegangen. Zündler waren freilich von der russischen Exekutive schon Wochen vor der Endrunde wenig zimperlich aus dem Verkehr gezogen worden. Manche Fans sitzen immer noch. Aber nicht in Stadien. wolfgang.winheim

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