Die grünen Grenzgänger

Vor 50 Jahren wurden die Rapid-Kicker mit dem Bus an die Grenze gebracht.
Abenteuer Rapid: Vor 50 Jahren in Prag unter Hausarrest, aktuell auf Ostklubs spezialisiert.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Am 28. August wird der neue Bundesliga-Präsident gewählt. Erstmals könnte es auch eine Präsidentin sein. Nur jemand aus dem siebenköpfigen Aufsichtsrat, dem auch Diana Langes-Swarovski aus Wattens angehört, kommt für die oberste Position im Klubfußball in Frage.

Auf wen auch immer die Wahl fallen wird, fest steht, dass das Ehrenamt kein Wiener erhält, weil keine Vertreter von Austria und Rapid dem Liga-Gremium mehr angehören und dass auch der (oder die?) Neue mit einem alten Problem konfrontiert sein wird, für das trotz Rekordstrafen seitens der Europäischen Fußball-Union (UEFA) bisher noch keine Lösung gefunden ist.

Gewaltbereite haben sich quer durch Europa, oft östlich und sehr rechts, mit Gleichgesinnten vernetzt. Das durchaus realistische Argument, wonach es sich nur um eine Minderheit handle und der Hinweis, dass in Stadien selbst ohnehin wenig bis nix passiere, ist kein Trost. Vor allem nicht für schuldlos Betroffene wie jene, die am Donnerstag rätseln mussten, wie sie nach Hause kommen.

In Schönbrunn legten slowakische „Fans“ die U-Bahn lahm. Danach plünderten sie einen Tankenstellenshop auf der Linzer Straße. Verwandelten kurzfristig den Wiener zum Wilden Westen.Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen der Polizei, die selbst Verletzte zu beklagen hat. Und bei der man wusste, dass die Radikalen von Slovan Bratislava rechtsextreme Wiener Verbündete im Kreise eines bei der Austria ausgeschlossenen „Fanklubs“ haben. Die Weisheit, wonach angesagte Revolutionen ausbleiben, wurde von den Slovan-Hooligans widerlegt. Wobei es freilich vermessen wäre, Fußball-Randale mit politischen Ereignissen gleichzusetzen.

Prager Schock

In der kommenden Woche ist’s genau 50 Jahre her, dass die Sowjetarmee den Prager Frühling im Sommer brutal stoppte. Rapids Meistermannschaft befand sich in Prag, als Panzer einrollten. Günter Kaltenbrunner und Johnny Bjerregaard (die vier Monate später Real Madrid aus dem Europacup schießen sollten) durften mit ihren Mannschaftskollegen das Hotel nicht verlassen. Das Match gegen Dukla wurde abgesagt, Rapids Mannschaft anderntags mit einem alten Bus des Armeeklubs Richtung Gmünd gebracht.

Am Schlagbaum stiegen die Rapidler (inklusive ihres tschechischen Trainers Rudi Vytlacil) aus und begaben sich zu Fuß über die (außerhalb des Ortsbereichs verminte) Grenze.

Slowakischer Pionier

Ein Monat zuvor war der Slowake Leopold Stastny (vier Mal CSSR-Meister mit Slovan Bratislava) zum österreichischen Teamchef bestellt worden. Stastny führte den ÖFB-Trainerkurs ein, verblüffte den Studenten Josef Hickersberger mit Deutsch-Kenntnissen und Fachwissen, wies mit Genuss Wiener Jungreporter auf Rechtschreibfehler hin; verhalf Herbert Prohaska zum Debüt; legte die Basis für die später (unter Stastny-Bewunderer Helmut Senekowitsch erfolgte WM-Qualifikation (Córdoba). Nur zur Politik schwieg er. Letztere aber holt den Fußball bis heute immer wieder ein.

Rapid wird Donnerstag im Europa-League-Play-off auf Steaua, den Lieblingsklub des (1989 hingerichteten) Diktators Nicolae Ceaușescu treffen. Darauf hoffend, dass schon in Hütteldorf ein Vorsprung herausgeschossen wird und dass bis zum Retourspiel in Bukarest die Demonstrationen gegen die rumänische Regierung nicht noch mehr eskalieren.

Serbische Gefahr

Die Salzburger nehmen Dienstag den elften Anlauf zur erstmaligen Champions-League-Qualifiktion – bei einem Belgrader Geisterspiel. Gegner Roter Stern wird von der UEFA zu einer trostlosen Kulisse verdammt. Serbische Wiederholungstäter hatten rassistische Gesänge angestimmt.

Auch in einem Rapid-Sektor wurde an Rapids sportlich so erfreulichem 4:0-Abend ein diskriminierendes Transparent geortet. Intoleranz kennt kein Sommerloch.wolfgang.winheim

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