Der Tag des Sports, eine Illusion

"Anstoß": Die jährliche Leistungsschau im Wiener Prater verdeutlicht: Österreichs Spitzensport lebt von Einzelphänomenen.
Philipp Albrechtsberger

Philipp Albrechtsberger

Das abrupte Sommerende änderte nur wenig am Massenauflauf beim gestrigen Tag des Sports in Wien. Ein Besucher erklärte mit einer dem Österreicher untypischen Positivität: So warm wie gestern in der Prater Hauptallee sei es in Grönland den ganzen Sommer nicht gewesen.

Für Strahlkraft mussten an diesem wolkenverhangenen Tag eben die nationalen Sportidole sorgen. Das fiel nicht schwer. Vor allem für die Größen des Österreichischen Skiverbandes bietet die Leistungsschau des organisierten Sports eine ideale Gelegenheit, für die anstehende Wintersaison zu trommeln.

Angelockt von der Strahlkraft wird auch immer eine Berufsgruppe, die sich hierzulande seit jeher etwas schwertut mit dem Sport – jene der Politiker. Gestern wurde aber fleißig applaudiert und gratuliert, geehrt und verehrt.

Dass der Sport auch unter der türkis-blauen Regierung sein Nomadenwesen fortgesetzt hat (vom Verteidigungsressort wanderten die Agenden nun zum Vizekanzler), blieb ebenso unerwähnt wie die Tatsache, dass auch im jüngsten Regierungsprogramm die große Vision für den rot-weiß-roten Sport fehlt. Daher wird auch künftig der Blick in den Medaillenspiegel die einzig wichtige Referenz für die Verantwortlichen bleiben.

Immerhin geräuschloser als unter der Vorgängerregierung verlief nun die Vergabe der Fördermittel. Der Wille, olympische Disziplinen zu stärken, ist zu erkennen. Die oft zitierte Gießkanne, mit der die Steuermittel verteilt werden, spritzt ein wenig zielsicherer.

Im Vergleich lächerlich

Was man für den Erfolg allerdings bereit ist auszugeben, wirkt im internationalen Vergleich weiterhin lächerlich.

Mit den vom Staat für den Spitzensport bereitgestellten 90 Millionen Euro pro Jahr (wovon etwa 40 Millionen zweckgebunden sind für den Spitzensport) ist Rot-Weiß-Rot auch künftig auf Einzelphänomene à la Marcel Hirscher, Dominic Thiem oder Ivona Dadic angewiesen.

Von ihnen wird viel verlangt – vor allem abseits der Wettkampfstätten. Sie müssen die Illusion der Sportnation Österreich aufrechterhalten.philipp.albrechtsberger

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