Der Appell des ersten Legionärs in Österreich

"Ich war der erste Legionär in Österreich", behauptet Branko Milanovic. Er dominierte 1959 tagelang die Schlagzeilen.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Drei Wochen vor Ende der Transferzeit stehen nicht weniger als 81 Legionäre auf den Gehaltslisten der zwölf österreichischen Bundesligaklubs. Naheliegend, dass der Konsument den Überblick verliert und dass Fußballer, die kamen, als Grenzverkehr noch in einem Ostblock-Kerker enden konnte, auch bei älteren Fußballfreunden gänzlich in Vergessenheit geraten sind.

Der Erste

"Ich war der erste Legionär in Österreich", behauptet Branko Milanovic, 81. Tatsächlich dominierte der Edeltechniker 1959 tagelang die Schlagzeilen. Ernst Happel hatte es irgendwie geschafft, das serbische Ausnahmetalent (an der Grenze im Kofferraum versteckt) aus Belgrad zu Rapid zu lotsen. Aber noch nervenaufreibender als diese Nacht-und-Nebel-Aktion, erzählt Milanovic, sei die einjährige FIFA-Spielsperre gewesen. Trotz Verletzungspech, trotz kritischer Zeitungsartikel wurde der Serbe später zum beliebten Mitglied im Rapid-Legendenklub und sein Freundeskreis immer prominenter. Soeben hat er davon profitiert.

Nichtsahnend hatte sich der optisch topfitte Milanovic wegen Arthrosen einem MRT unterzogen, als Aneurysmen (lebensbedrohende Gefäßerweiterungen) in beiden vom Fußball abgenutzten Kniekehlen festgestellt wurden. "Ich wusste gar nicht, dass es das gibt. Ich kann an jeden ehemaligen Fußballer nur appellieren, regelmäßig zu Untersuchungen zu gehen."

Milanovic selbst befolgte einen Rat von Ex-Teamchef Josef Hickersberger und ließ sich vom Sohn eines legendären Ex-Ex-Ex-Teamchefs (= Córdoba-Coach Helmut Senekowitsch) operieren. Noch liegt er im Wilhelminenspital, von wo aus er seinem treuesten (skiweltmeisterlichen) Freund Karl Schranz täglich via Handy von Gefäßchirurg Christian Senekowitsch vorschwärmt: "Er hat mein Leben gerettet."

Der Einzige

"Ich bin der einzige österreichische Staatsbürger, der Fußball-Vizeweltmeister wurde", hat Josef Kadraba immer wieder stolz gesagt und auf sein Kleinauto mit dem Wiener Kennzeichen „Chile 2“ gedeutet. In Chile war die CSSR 1962 mit einem technisch überragenden Kadraba bis ins WM-Finale (1:3 gegen Brasilien) gekommen. Als Kadraba sich nach Österreich absetzte, wurde sein Name vom kommunistischen Prager Regime aus alle Statistiken gestrichen.

Der Geächtete spielte in Trikots von Hinteregger und Slovan Wien Regionalliga-Gegner schwindlig. Bis zur Pensionierung arbeitete Kadraba danach im Autohaus des ehemaligen Klubsponsors, verstärkte gelegentlich das KURIER-Hobbyfußballteam und brillierte bei der Tennis-Senioren-EM.

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde er von Prag rehabilitiert und vom legendären Ex-Rapidler Antonin Panenka als "mein Vorbild Joschi" bezeichnet. Kadraba blieb in Wien, wo er in der Vorwoche 86-jährig in einem Ottakringer Seniorenheim verstarb. Begräbnis wird es keines geben.

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