Warum wir alle mehr wie Bonobos sein sollten

Warum wir alle mehr wie Bonobos sein sollten
Während Frauen lernen, andere Frauen als Konkurrenz zu sehen, schmieden weibliche Bonobos Koalitionen. Zeit, uns einiges an unseren Verwandten abzuschauen.
Diana Dauer

Diana Dauer

Schreie, kalte Pommes und Geschosse von Nerf-Guns schießen mir um die Ohren. Ja, wieder sitze ich übermüdet (und überfordert) auf einer Kindergeburtstagsfeier. Ein großartiger Spaß…, wenn man weder vorbereitet, bespaßt, noch wegräumt, sondern einfach “genießt”.

Und so amüsieren sich 12 Kinder. Und der Vater. Während die Mutter Organisatorin, Putzfrau, Einkäuferin, Animateurin und Gastgeberin zugleich ist. Und die neue Partnerin des Vaters alles tut, um zu helfen. Während der Vater… sich ein Getränk holt. Meine Haut prickelt vor Fremdscham, ob der Klischeehaftigkeit dieser Szene und der Aufgabenverteilung. Ich wünschte, ich würde bei der Schilderung übertreiben.

Die Last aber beginnt ja schon, bevor die Feier offiziell beginnt - weit vorher. Einladungen wollen geschrieben, Eltern koordiniert, Kinder gezählt, Goodie-Bags und Essen besorgt und Spiele überlegt werden. Und dann muss alles rechtzeitig umgesetzt werden. Das kostet Zeit, Energie und Nerven. 

Ich hab versagt

Und ich hätte helfen sollen. Erst kurze Zeit bevor die Horde kleiner Brüllaffen einfallen, trudele ich ein. Viel zu spät. Bis auf wenige Luftballons war alles fertig. Stress steht der Mutter ins Gesicht geschrieben. “Wo warst du”, schießt mir gerechtfertigter Vorwurf entgegen. Mea Culpa, mea maxima culpa. 

Unerwünschte Koalition 

Mein Versagen als Party-Vorbereitungs-Samariterin hatte aber etwas Gutes. Mutter und nicht-mehr-ganz-so-Neo-Partnerin des Vaters formten eine Allianz, um das schier Unmögliche zu schaffen. Und sie erlangten eine wichtige Erkenntnis: Die jeweils andere hat ähnliche Lasten, Mental Load und wenig Hilfe. Und bisher wurden die zwei Frauen - getrennt voneinander -  zu Gegnerinnen stilisiert. Nun erkennen sie: Austausch und Zusammenarbeit kann ihnen Gutes tun. Die andere ist keine Feindin. 

Möglich, dass diese Allianz beim entspannten Zaungast alias der Dreifaltigkeit Vater, Ex-Partner und aktueller Partner gar nicht so erwünscht ist? Schließlich profitiert er ungemein davon, dass in beiden Haushalten jeweils die Frauen die Load schultern und dies nicht thematisieren. Eine Schelmin, wer Böses denkt... 

Dämonisierung der Anderen

Leider wäre das aber keine Seltenheit. Es ist nicht im Interesse des Patriarchats, dass sich Frauen zusammenschließen und - Achtung Kitsch! - “gemeinsam stärker sind”. 

Frauen werden nicht dazu erzogen, einander zu unterstützen, sondern sich gegenseitig zu dämonisieren, sich herabzusetzen, sich voneinander zu distanzieren. Wir lernen, dass es unter “uns” nur eine Gute geben kann und die “andere” immer Konkurrenz ist. Denn was ist gefährlicher für patriarchale Strukturen als eine widerspenstige Frau? Richtig: mehrere widerspenstige Frauen. 

Sei ein Bonobo

Zeit, sich ein Beispiel an unseren (neben Schimpansen) nächsten lebenden Verwandten zu nehmen: Den Bonobos. Bei den Bonobos nämlich bilden die Weibchen Allianzen, arbeiten zusammen und unterwerfen die Männchen. Die Weibchen haben so im Kollektiv die Kontrolle über Nahrung, stehen in der Rangordnung über den Männchen und können sich gemeinsam gegen “sexuelle Gewalt” und aggressives Verhalten der Männchen schützen. Zu dieser Erkenntnis ist jüngst eine Studie der Harvard Universität gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut gekommen.

“Soweit wir wissen, ist das der erste Beleg dafür, dass weibliche Solidarität die männlich geprägte Machtstruktur, die für viele Säugetiergesellschaften typisch ist, umkehren kann“, sagt Studienautor Martin Surbeck in einer Aussendung kürzlich.

Weibchen erhöhen ihren sozialen Status und schützen sich vor “Männchen-Gewalt”, indem sie einander unterstützen. 

Fazit und Arbeitsauftrag für uns: Sei ein Bonobo. 

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