Das Wunder von Hütteldorf
Die Welt ist schlecht und Wien wird immer schircher. Das stimmt im Großen und Ganzen, aber glücklicherweise nicht immer.
Dass Gründerzeithäuser kein Leiberl in dieser Stadt haben, ist hinlänglich bekannt. Selbst dann, wenn Denkmalschutz vorhanden ist, wissen findige Bauträger Mittel und Wege, wie sie alte Substanz zu Fall bringen können, um in guter Lage auf engstem Raum möglichst viel Beton in die Landschaft zu quetschen. Ohne Rücksicht auf Verluste, auch von altem Baumbestand.
So geschehen vergangenes Jahr in Hütteldorf, wo man eine über hundert Jahre alte Gründerzeitvilla abgerissen hat, um dort 40 (!) Eigentumswohnungen samt zweistöckiger Tiefgarage zu bauen.
Doch es geschehen auch in Hütteldorf noch Wunder ( – seien Sie versichert: Ich habe keine Ahnung von Fußball).
Entlang des beschaulichen Halterbachs liegt die Bujattigasse, benannt nach dem Seidenwarenfabrikanten Franz Bujatti, bekannt als „Wohltäter von Hütteldorf“. Drei Villen ließ er dort bauen, zwei davon sind längst verschwunden, eine gammelte zuletzt viele Jahre vor sich hin. Die bröckelnde Fassade der „Villa Johanna“ ließ
befürchten, dass dereinst jemand beim Bröckeln nachhelfen könnte, um eilig Fakten zu schaffen. Soll ja schon vorgekommen sein. Und nun das: Ausgerechnet in bester Penzinger Lage, wo zuletzt so viel charakterloses Luxus-Irgendwas gebaut wurde, hat nun ein Bauträger Geschmack gezeigt und die 122 Jahre alte Villa hergerichtet. Und zwar so, wie es sich gehört. Liebevoll bis ins Detail, einschließlich edler Kastenfenster. Günstig sind die Wohnungen in der Villa Johanna nicht, aber auch nicht teurer als die vielen gesichtslosen Neubau-Quader, die in Wien und Umgebung wie die Schwammerln aus dem Boden schießen.
Uns Vorbeiflanierenden bleibt zumindest die Aussicht auf Villa und Wegzehrung beim nahe liegenden 49er-Würstelstand und der Gedanke, dass Wien hin und wieder auch ein bisserl schöner wird.
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