Das dunkle Tal, die versteckten Villen und die wilden Schlangen
Stadtflucht. In Wien war es heiß diese Woche. Zu heiß für Homeoffice. Und so war es Zeit, den Arbeitsplatz aufs Land zu verlegen. Genauer gesagt nach Gutenstein im südlichen Niederösterreich, wo die kalte Piesting durch den Ort fließt und die Berge angenehme Schatten werfen. Das wussten die Stadtmenschen schon lange. Zur Jahrhundertwende ließen sie sich hier ihre Villen bauen. Und sie bauten sie nicht nur nahe des Ortes, sondern in engen, dunklen Tälern. In Urgersbach.
Kein Empfang. Die Straße führt vom Klostertal ausgehend immer tiefer hinein in die Wälder. Links der Bach, links und rechts die Felsen, rechts der Bach. Der Weg zu Fuß wird lange. Noch eine Kurve und noch eine. Da soll eine Villa zu finden sein, die ausschaut, wie ein Märchenschloss? Der Biber hat hier jedenfalls gebaut: Eine Burg. Der Handyempfang ist schon länger weg. Die Sonne schafft es nicht mehr über die Bergrücken. Endlich: Ein Türmchen taucht auf und dann ein zweites, bestückt mit goldenen Fähnchen. Es gibt sie also wirklich – mitten im Nichts. Der Architekt Julius Deininger (1852–1924) hat sich in Gutenstein nicht nur hier, sondern an vielen Plätzen verwirklicht. Erker, Türmchen, Holzbalkone: Wer schaut, findet sie.
Sommerfrische. Und danach? Abkühlung im Gutensteiner Bad (ebenfalls Deiningers Werk) oder in der Piesting (wer weiß, wo). Letzteres ist nichts für Zartbesaitete. Erstens ist sie kalt und zweitens muss man sie mit der ein oder anderen kapitalen Ringelnatter teilen. Die sind zwar harmlos, bereiten aber alleine damit, dass es Schlangen sind, dem ein oder anderen Angst. Der Tipp: Nicht aufhalten lassen, erfrischen!
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