Ciao, amore
Vier Paar. Eines davon nie getragen. Die anderen werden auch nicht mehr angezogen. Was, wenn sie kaputt würden?
Vier Paar Schuhe, eines schöner als das andere, stehen im Kasten und erinnern an bessere Zeiten. An Zeiten, in denen jeder Triest-Besuch mit einem obligatorischen Abstecher zu Rosini verbunden war.
Rosini war ein legendärer Triestiner Schuhmacher mit einem wunderbar altmodischen Geschäftslokal in der Via Dante. Vor über hundert Jahren wurde das Familienunternehmen vom Großvater des letzten Besitzers, dem Stiefelmacher Guido Rosini, gegründet. Das geräumige Geschäft glich einem Salon. Gemusterter Samtteppich, dunkle Holzmöbel. Neben dem Eingang eine rote Ledersitzreihe, im Hintergrund eine elegante Treppe. Die Schuhe sah man nur in der Auslage, im Laden selbst dominierten Regale mit Schuhschachteln, beflissen herbeigeholt von Verkäuferinnen, die wie Sachbearbeiterinnen wirkten. Bei Rosini einzukaufen, hatte etwas Seriöses. Es war das Gegenteil von „Shopping“. Die Schuhe waren italienisch grazil und selten praktisch. Verpackt in dunkelrote Tragetaschen aus glänzendem, dicken Papier, trug man sie stolz durch die Stadt, ging damit auf einen Kaffee oder einen Friulano in die Gran Malabar oder ins Caffè Walter in der Via San Nicolò, gegenüber der Buchhandlung des Dichters Umberto Saba.
Das Schuhgeschäft Rosini hat unlängst zugesperrt. Für immer. Warum ich Ihnen das erzähle? Im Rahmen der Wiener Ansichten? Sie wissen schon, Wien und Triest. Eine lange, gemeinsame Geschichte und immer noch eine große Verbundenheit (zumindest unserseits herbeigewünscht).
Die Wien-Triest-Geschichte wird nun fortgeschrieben. Statt Schuhen wird’s bei Rosini bald Sachertorte geben. Zwei Wiener Unternehmer wollen das historische Geschäft zum Kaffeehaus machen. Der Umbau läuft gerade, eröffnet wird noch vor Weihnachten.
Ob uns das tröstet? Vielleicht. Mehlspeis’-Essen ist das Schuhe-Kaufen des Alters.
Kommentare