Alles gut. Kein Stress!

Alles gut. Kein Stress!
Es gibt Phrasen, bei denen könnte Stammgast K. die Frasn kriegen
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Alles gut. Die Stammgäste im Café Kralicek sind harmlos, haben aber ihre Eigenheiten. Stammgast K. (alle Namen von der Redaktion geändert) etwa, der stets in der Loge gleich neben den Zeitungen sitzt, ist auf die Phrase „Alles gut!“ allergisch. Jedes Mal, wenn es jemand wagt, „Alles gut!“ zu sagen, kriegt Herr K. einen Anfall. „Nichts ist gut!“ erwidert er knurrend, und auch wenn seine barsche Reaktion etwas überzogen erscheint, muss man sagen: Im Grunde hat der Mann recht.

Dass es sich bei der strittigen Phrase um ein relativ junges Phänomen handelt, merkt man daran, dass ihr ein Wort fehlt (siehe auch: „Gemma Lugner“). Zum Einsatz kommt sie immer dann, wenn sich im Gespräch irgendeine Form von Konflikt ergibt und dieser umgehend im Keim erstickt werden soll.

„Würde es dich stören, wenn ich das letzte Stück Kuchen nehme?“ – „Alles gut!“

„Entschuldigen Sie, Herr Nachbar, dass es etwas lauter geworden ist.“ – „Alles gut!“

„Tut uns leid, aber bei der Nasenkorrektur ist ein Malheur passiert.“ – „Alles gut!“

Kein Stress. Dass in Wirklichkeit nicht alles gut ist, wissen natürlich auch die, die dauernd „Alles gut!“ sagen. Es ist halt eine Floskel, und als solche darf man sie nicht unbedingt wortwörtlich verstehen. Problematisch daran ist eher der übertrieben defensive Gestus, der damit transportiert wird. „Alles gut!“ ist eine verbale Unterwerfungsgeste. Was meistens nett gemeint ist, hat den picksüßen Beigeschmack von Konfliktscheu und Gesprächsverweigerung.

Die Steigerungsform von „Alles gut“ lautet übrigens nicht „Alles besser“, sondern „Alles gut. Kein Stress!“ Übersetzt bedeutet das ungefähr: „Interessiert mich nicht, lass mich in Ruhe!“

Kein Wunder, dass Herr K. darauf allergisch reagiert. Aber nach zwei kleinen Bieren und einem Paar Debreziner mit Senf/Kren ist meistens wieder alles gut.

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