Warum es gut ist, dass es im Kaffeehaus noch eine Telefonzelle gibt
Im Kammerl. Im Café Kralicek gibt es, gleich beim Eingang, ein Kammerl, in das hin und wieder für ein paar Minuten ein Gast verschwindet. Die Rede ist nicht von der Toilette, sondern von der Telefonzelle. Jüngere Gäste wissen oft gar nicht mehr, wofür das gut ist. Manche legen alte Bücher rein, weil sie das von der Straße so kennen. Auf die Idee, dass die Telefonzelle zum Telefonieren da ist, wären sie nie gekommen. Es steht sogar noch ein Festnetztelefon in dem Kammerl, aber das wird kaum benutzt. Nein, die Gäste kommen hier rein, wenn sie mit dem Handy telefonieren wollen.
Coole Zellen. Dass die Telefonzellen weitgehend aus dem Straßenbild verschwunden sind, muss man nicht bedauern, sie werden schlicht nicht mehr benötigt. Ein Verlust ist es trotzdem, schon ästhetisch: Wer jemals einen amerikanischen Film aus den 70er- oder 80er-Jahren sah, weiß: Menschen, die lässig an Münztelefonen lehnen und ununterbrochen Hartgeld nachwerfen, sehen deutlich cooler aus als solche, die das Handy vor sich her tragen wie einen Kompass oder eine Wünschelrute. Mobiltelefone haben unser Leben zwar, genau, mobiler und in mancher Hinsicht einfacher gemacht. Aber auch lauter und indiskreter.
Man kann sich das heute nicht mehr vorstellen, aber Telefonzellen wurden einst unter anderem deshalb als verschließbare Räume konstruiert, um dort erstens selbst ungestört reden zu können und zweitens andere nicht zu belästigen. Heute kümmert uns das eine offensichtlich so wenig wie das andere. Der Trend geht dazu, in öffentlichen Räumen mit Video- und Lautsprecherfunktion zu telefonieren, sodass jetzt alle auch hören können, was auf der anderen Seite der Leitung gesagt wird. Ob der anderen Seite bewusst ist, dass ein ganzer U-Bahn-Waggon mithört, ist fraglich. Aber auch das scheint niemanden zu kümmern.
Das alles nur zur Erklärung, warum der Chef darauf besteht, zum Telefonieren ins Kammerl zu gehen.
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