Kaffeehaus und Schule müssen sich nicht ausschließen
Die Schulalternative. Das Schuljahr hat begonnen, und mit ihm begrüßt das Café Kralicek eine ganz besondere Klientel: die Schülerinnen und Schüler der umliegenden Bildungsinstitutionen. Weil das Budget von Teenagern knapp ist, konsumieren sie meist nur den Anstands-kleinen-Braunen, aber den Chef stört das nicht. „Das sind die Gäste von morgen“, sagt er. Sie bringen frischen Wind in die Bude, und außerdem kommen Schüler überwiegend vormittags ins Café, da ist sonst eh nicht so viel los.
Frequentiert wird das Kaffeehaus in Freistunden, gerne aber auch als Alternative zu Unterrichtseinheiten. Sprechen wir es offen aus: Schülerinnen und Schüler, die ein Kaffeehaus aufsuchen, sind in aller Regel Schulschwänzer, die beschlossen haben, eine bestimmte Schulstunde oder auch einen ganzen Schultag ausfallen zu lassen. Man kann das verstehen, ist im Café doch vieles besser als in der Schule: die Getränke, der Service, die Stimmung.
Der Lesesaal. Non scholae, sed vitae discimus hieß es einst, als Latein im Gymnasium noch obligatorisch war: Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir. Es gilt aber auch: Nicht nur in der Schule, auch im Kaffeehaus lernen wir. Die Schüler benützen es oft als eine Art Studierzimmer, in dem gemeinsam Referate erarbeitet und auf den letzten Drücker Hausaufgaben gemacht werden. Das Café ist aber auch ein Lesesaal, in dem die Pflichtlektüre nachgeholt wird, für die sich nachmittags einfach nie die Zeit findet. Mit den Romanen, die in einem Schuljahr im Kaffeehaus gelesen werden, könnte man ganze Bibliotheken füllen (würden die meisten Schüler sie nicht auf dem Handy lesen).
Das Asyl. Warum die Schulstagler nicht gleich zu Hause bleiben, ist leicht erklärt: Es würde dann ja auffallen, dass sie nicht in der Schule sind. Das Café hingegen wird zum sicheren Ort, an dem sie jederzeit für ein paar Stunden untertauchen können. Auch das ist eine Lehre fürs Leben.
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