Was tun, wenn die Touristen sich nicht mehr mit Touristenlokalen begnügen?
Kritischer Punkt. Zu den angenehmen Eigenschaften des Café Kralicek gehört unter anderem, dass die meisten Touristen noch nie davon gehört haben. (Die lesen eben nur selten KURIER, selber schuld!) Wenn sich doch einmal welche hierher verirren, sind sie durchaus willkommen. Touristen sind im Prinzip ja Menschen wie du und ich, auf Reisen sind wir schließlich alle welche. Zum Problem werden sie nur, wenn sie in Massen auftreten.
Diesbezüglich gibt einen kritischen Punkt. Wird der in einem Lokal überschritten, mutiert es zu einem sogenannten Touristenlokal und wird für Einheimische uninteressant. Das bekannteste Beispiel ist das Café Central in der Herrengasse, das anscheinend in jedem Wien-Reiseführer auf der To-see-Liste steht. Weil aber – bei aller Liebe zum Kaffeehaus! – kein Wiener und keine Wienerin für eine Melange Schlange stehen würden, haben sie das Central kampflos den Touris überlassen.
Geheimtipps. Lange Zeit herrschte friedliche Koexistenz. Die Touristen sind in die Touristenlokale gegangen, die Einheimischen in die anderen (zum Beispiel ins Café Kralicek). In letzter Zeit aber ist das gut eingespielte System in gefährliche Schieflage geraten. Immer öfter überschwemmen Touris Lokale, in denen sie eigentlich nichts verloren haben. Schuld sind natürlich die sozialen Medien. Früher fand man „Geheimtipps“ nur in alternativen Reiseführern, Qualitätszeitungen oder Spezialmagazinen, und die haben dann halt auch nur relativ wenige gelesen. Insta & Co aber sind leider recht weit verbreitet.
Found & Lost. Es kommt der Tag, da werden die Einheimischen in „ihren“ Lokalen keinen Platz mehr finden, weil diese voll mit Touris sind, die das authentische Wien suchen und es – frei nach Hans Magnus Enzensberger – verlieren, indem sie es finden. Und was machen wir dann? Ganz einfach: Wir gehen in die Touristenlokale. Die sind dann nämlich frei.
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