Ball flach, Kirche im Dorf

Derzeit will die ÖVP "die Kirche im Dorf lassen". Aber ein Blick ins Archiv zeigt, dass jede Partei die Kirche bemüht, wenn's eng wird.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

"Die Kirche im Dorf lassen", das fordern ÖVP-Vertreter derzeit beinahe täglich. Aber im Grunde bemüht ja jede Partei die Kirche, sobald es eng wird. Der damalige FPÖ-Chef Strache etwa wollte "die Kirche im Dorf lassen", nachdem einer seiner Abgeordneten die "guten Seiten am Nationalsozialismus" öffentlich gelobt hatte. Der frühere SPÖ-Chef Kern wiederum wollte "die Kirche im Dorf lassen", nachdem sein Wahlkampfberater verhaftet worden war. Und Werner Kogler wollte die Kirche im Dorf lassen, als die ÖVP die Justiz angriff, während er gerade die Justizministerin zu vertreten hatte.

"Die Kirche im Dorf lassen" heißt so viel wie "den Ball flach halten". Es hat also weniger mit dem Beichtgeheimnis zu tun, als vielmehr mit der Weltreligion Fußball. Bundeskanzler Schallenberg sagte am Wochenende im KURIER-Interview: „Es ist wie bei einem Fußballteam: Nur mit Geschlossenheit erzielt man Tore.“ – Stimmt. Und im nächsten Regierungsteamtrainingslager bitte die Handynummern aller Aktiven austauschen, damit einander Ministerinnen und Minister nicht mehr öffentlich anpatzen müssen, sondern direkt anrufen können. So bliebe der Ball flach und die Kirche im Dorf.

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