Ausgelassen

Sagt man "die ausgelassene Zeit", weil so viele im echten Leben das auslassen, was sie im Fasching verkörpern?
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Heute ist Faschingsdienstag, für viele der einzige Tag im Jahr, an dem sie die Maske ablegen und ihr wahres Gesicht zeigen, das Narrengesicht. Im Grunde ist ja das Faschingstreiben auch ein tiefes Bekenntnis zur Humorlosigkeit, die im Rest des Jahres herrscht.

Apropos herrscht: Der Fasching übernimmt die Herrschaft während der sogenannte fünften Jahreszeit. Und weil jedes Kind weiß, dass es nur vier Jahreszeiten gibt, liegt der Verdacht nahe, dass es den Fasching, die Zeit des echten Empfindens von Spaß, Freude, Freiheit und unbändiger Lebenslust, in Wahrheit gar nicht gibt. Dass der Fasching eine Idee ist, die im echten Leben keinen Platz hat. – Heißt er deshalb die ausgelassene Zeit? Oder weil so viele im echten Leben das auslassen, was sie im Fasching verkörpern?

Wer also heute sein korsettartig geschnürtes Nervenkostüm gegen das Narrenkostüm tauscht, soll sich gut überlegen, ob er morgen tatsächlich wieder zurück ins Nervenkostüm schlüpfen und warten will, ob vielleicht eines Tages die fünfte von vier Jahreszeiten ins Land zieht.

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