Aufgrumpschlt

"Überleben": Neue Versprecher drängen sich auf.
Guido Tartarotti

Guido Tartarotti

Was machen Sie, wenn Ihnen vor lauter Vermeidung menschlicher Kontakte „der Kopf auf den Deckel fällt“?  Meine Freundin und ich verdrehen Redensarten und Begriffe. Wir machen das nicht absichtlich, es passiert uns. Am Anfang haben wir darüber gelacht – etwa, als ich statt Techtelmechtel „Gschichtlmichtl“ sagte. Mittlerweile nehmen wir solche  rhetorischen  Auffahrunfälle einfach hin, als Zeichen unserer sprachlichen Verwahrlosung, vielleicht sogar als Bereicherung unseres Wortschatzes. „Leg mir keine Dinge in den Kopf“, würde K. jetzt sagen, und damit meinen: Leg mir keine Worte in den Mund.

„Schwellhemmer“ hat sie etwa einmal gesagt. Der ganze Satz ging so: „Alkohol ist ein Schwellhemmer.“ (Das ist er auch,  wie Urologen bestätigen werden, gemeint war aber: Alkohol senkt die Hemmschwelle.) In diesem Zusammenhang sollte auch Folgendes erwähnt werden: „Er war stock wie die Steife“ (statt steif wie ein Stock).

Einmal sprachen wir über Frisuren: „Meine Ex-Freundin hatte Nadelstreifhaare“, erklärte ich (und wollt eigentlich sagen: „Schnittlauchlocken“). Und statt Bremsstreifen kreierte ich das Wort „Strenfpreisen“. Sehr schön war auch, was meine Freundin über den Karriereweg eines Bekannten sagte: „Der hat sich’s hingerichtet.“ Wer den Bekannten kennt, weiß: Das liegt nahe an der Wahrheit.

Je länger der Lockdown dauert, desto mehr verlernen wir, wie normale Menschen zu reden. „Wir geraten aus der Verfassung“, wie ich kürzlich sagte.

Aber manches ist einfach schön. Wirklich stolz bin ich etwa auf den Begriff „grüne Lulu-Früchte“, der mir auskam, als mir das Wort Spargel nicht einfiel.

K.  schreibt all unsere sprachlichen Zufallsproduktionen auf kleine Zetteln und hängt diese an die Pinnwand. Dort steht auch das Wort „aufgrumbschlt“, und wir haben keine Ahnung mehr, was das bedeuten könnte. Sachdienliche Hinweise verdringlicht
erbeten.

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