chaos de luxe

Das Kind vertindert in Peru
Polly Adler

Polly Adler

Das Kind verletzt permanent die Drei-Tages-Regel. In diesem Intervall sollte es nämlich What’sApp-Rauchzeichen geben, um Mitteilung zu machen, dass es nicht von Putschisten in den Regenwald verschleppt wurde und an keiner noch unerforschten Krankheit mit rasanten Fieberschüben leidet. Das Kind weilt gerade in Peru. Kein zwingendes Land, um Spanisch zu lernen, aber was weiß ich? Die Gastmutter – eine Turbo-Chica, schwärmt sie, ist sogar noch unter 40! Und in der Sprachklasse wären sie nur zu dritt: eine slowakische Kunst-Lesbe, die einen Heißhunger auf einen Neustart entwickelt hat (nicht sexuell, sondern geografisch), und eine philippinische Missionarin, über 50. Ich frage das Kind, warum es bei Menschen jenseits dieser Jahreszahl immer das Alter angeben muss. Ist es so erstaunlich, dass man in dieser Lebensphase noch nicht eine Liebesbeziehung mit seinem Rollator unterhält und eventuell am Spaßbaum rütteln will? In jedem Fall lernt das Kind intensiv Leute und Sitten kennen, denn die Tinder-App glüht: „Sehr interessante Typen hier unterwegs.“ Gestern hatte sie zwar Pech in Form eines Amerikaners mit Alfred E. Neumann-Ohren, der ihr dauernd von der unermesslichen Güte Jesus’ erzählte und in seine Bionade zu weinen begann, weil er der fixen Überzeugung war, dass der Fortpflanz ein geradewegs vom Himmel geplumpster Engel war, aber sonst liefe alles supèro. Die philippinische Missionarin, die die Tinder-Tagesbilanz mit dem Kind sondiert, ist schon ganz angefixt. Jetzt hat sie der verschüchterten Gottesanbeterin ein Tinderprofil eingerichtet. Inklusive neckischer Fotos. Das Problem, dass die Missionarin mehr breit als hoch ist, wurde mit der Motto-Schlagzeile „There is no gym for your face“ elegant abgefedert. Jetzt bekommt die Würfel-Dame vom Fortpflanz noch einen Dating-Crashkurs verpasst, weil sie diesbezüglich doch auch etwas eingerostet ist. Was soll da noch schief gehen?

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