Wenn Mode zur Architektur wird und doch tragbar sein muss
Lena Pietsch ist Co-Werkstättenleiterin von Kids in Fashion, dem großen Mode-Bewerb der Wiener Jugendzentren. Der KiKu - und schauTV - trafen sie in der Werkstatt in einem Simmeringer Jugendzentrum. Dort werden aus den 65 besten von rund 2000 Entwürfen echte Kleidungsstücke, die bei der Gala in wenigen Tagen, am 12. Oktober (2019) auf dem Laufsteg im Modegroßhandelszentrum (Wien-Landstraße) vorgeführt werden - siehe Story hier.
Wie bist du zu diesem Berufsfeld der kreativen Schneiderei gekommen?
Am Anfang hatte ich nicht viel damit zu tun, weil ich in einem normalen Gymnasium drinnen war. Aber ich hab schon von klein auf immer viel gebastelt und genäht, weil meine Großmutter ist Schneiderin. Mich hat immer fasziniert, wie man aus so kleinen Dingen ein großes Ganzes schafft das man dann sogar anziehen kann, das man sozusagen tagtäglich bei sich hat als Begleiter.
Dann hat mich eine Lehrerin auf das Projekt „Jugend an der Wien“ vom Theater an der Wien aufmerksam gemacht. Mit 15 hab ich mich dort engagiert und war Kostümassistentin für mehrere Jahre und somit bin ich ein bisschen in diese Bühnengeschichte reingekommen. Ich hab dann gewusst, dass das mein Zuhause ist.
Nachdem ich meine Matura gehabt hab und volljährig war, hab ich mich beworben für ein Mode-Kolleg, damit ich das Handwerk erlerne. Dann hab ich die Meisterklasse auf Bühnenkostüme spezialisiert gemacht, weil’s genau die Richtung war, die ich einschlagen wollte.
Schnittpunkt
Jetzt hab ich meinen Meister abgeschlossen und fertige hauptsächlich Kostüme an. Alles, was Kinder einschicken und wir uns fragen, wie soll das auf einem Körper halten – es ist ja am Ende ein Mensch, der das trägt – dafür bin ich zuständig. Das ist genau mein’s – dieser Schnittpunkt, wenn Mode zur Architektur wird.
Oder wenn man einen Aufbau, der dreidimensional wird, wenn man plötzlich eine Kaffeetasse aufgesetzt bekommt oder zu einem Objekt wird, ein ganzes Haus auf den Schultern lastet - wie man das macht, damit die Konstruktion hält. Aber auch, wie die Person sich darin noch immer bewegen kann, das Teil noch immer tragbar bleibt und trotzdem das repräsentiert, was in der Kinderfantasie dargestellt ist, seien es Collagen aus Wolle oder wild gezeichnete Krixler.
Ist es eine Emotion, die ausgedrückt wurde, eine Idee, eine fixe Vorstellung. Wir haben manche Entwürfe, die schauen aus wie eine Prinzessin, wir haben manche, die schauen vollkommen kreativ aus als wären sie von einem modernen Designer – gezeichnet von einem 6-jährigen Kind aus der Impulsivität, aus der Unschuldigkeit des Kindseins. Es ist superfaszinierend, das umsetzen zu dürfen, das Privileg zu haben, einen kleinen Beitrag zu leisten, dass diese Vision tatsächlich Wirklichkeit wird.
Du hast gesagt, du bist über das Theaterprojekt zu diesem künstlerischen Mode-Gestalten gekommen. Hast du nicht überlegt, eine Lehre zu machen?
Ich hab nebenbei schon immer genäht, hab mit 15 mein erstes viktorianisches Kleid mit Unterbau, Korsett und allem Drum und Dran gemacht. Das heißt, es war für mich immer Teil meines Lebens, deswegen hab ich nie überlegt, die Schule zu wechseln oder abzubrechen, weil es für mich schon immer da war.
Ich hab mir mit 15 überlegt, auf die Modeschule zu wechseln. Für mich war aber klar, mich interessiert die Matura in der Schule in der ich war. Das wollte ich zuerst abschließen und hab mich danach in der Hinsicht orientiert.
Will unterrichten
Du hast vorhin erwähnt, dieses Jacket hast du von deiner Großmutter, magst du uns mehr dazu erzählen?
Eine starke Inspiration für mich war meine Großmutter. Das Jacket hat sie für mich genäht, ich hab es seit ich 13 bin. Und das ist es, ich will, dass Mode ein tragbarer Teil des eigenen Lebens wird, das Leben unterstützt und es einfach zu einer besseren Lebensqualität führt.
Was machst du, wenn nicht Kids in Fashion ist?
Ich strebe jetzt an, auf die Pädagogische Hochschule zu gehen und mich dort zur Werkstättenlehrerin ausbilden zu lassen, weil ich den Gedanken weitertragen möchte, damit noch mehr tolle Schneider entstehen, die genau das machen und unser aller Lebensqualität verbessern. Ansonsten nähe ich, selbst wenn ich nach Hause gehe. Ich kann einfach nicht anders, das ist mein Leben.
Ich hab jetzt den Meisterbrief. Damit bin ich berechtigt, in einer Werkstätte zu unterrichten, weil ich das fachliche Know-How habe. Ich darf schon Lehrlinge ausbilden. Aber mir geht es darum, noch den pädagogischen Anteil dazuzulernen, so dass ich berechtigt bin, in einer Wiener Schule Werkstätte zu unterrichten.
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