Radieschen sehen von unten ganz harmlos aus
Ist etwas „zum Totlachen“ gilt das als so ziemlich höchste Auszeichnung für Witze oder Kabarettprogramme. Dennoch ist das Image des Todes nicht gerade lustig. Zumindest in den meisten Gegenden der Welt, so auch unserer. Das zu ändern hat sich „Der Tod“ zumindest für den deutschsprachigen Raum vorgenommen. Viele Wort- und Sprachspielereien aus dem täglichen Gebrauch machen in dem Programm auf witzige Weise bewusst wie makaber sie eigentlich sind: Von totenstill über todlangweilig, „deine Zeit ist schon abgelaufen“ oder einem Computer, „der sich aufgehängt hat“ bis zur Frage: „Kann man von deinem Job überhaupt leben?“ oder auch dem Begriff jenseitig. „Der Tod“ spielt mit ihnen und weiteren, sagt beispielsweise: „Selbst die größten Vegetarier beißen äußerst ungern ins Gras.“
Unter Beweis stellen wird er – oder sie (? - dazu später) -, wie humorvoll die Begegnung mit dem Tod sein kann an vier Abenden des Satirefestivals im Schwechater Theater Forum (14. bis 17. Jänner; das Festival selber läuft bis 21. Februar – mehr dazu weiter unten).
Telefoninterview
„Hallo, herzlich willkommen bei der Tod GmbH, was kann ich für Sie tun?“, flötet die Stimme am anderen Ende der Leitung (in Berlin) ins Telefon. Vielleicht recht überraschend – obwohl’s schon im Buch „Mein Leben als Tod“ (Fischer Verlag) stand, das ich zur Vorbereitung auf das Interview gelesen habe - die hohe Stimme. Aber so ist das mit den Vorurteilen.
„Ich will mich ja auch geschlechtlich nicht festlegen“, lautet die Erklärung für die Stimme. „Es ist ein Problem der deutschen Sprache, weil es hier DER Tod heißt, aber in anderen ist Tod ja weiblich, etwa im Französischen: la mort“, erklärt „Der Tod“.
Kein Gesicht zeigen
Wer hinter der Figur steckt, muss geheim bleiben, hat sich auch – trotz mehrfacher Versuche – im fast halbstündigen Gespräch nicht herauskitzeln lassen. Die Figur erscheint auf der Bühne – und oft im Berliner Alltag, woe sie schon Kultstatus hat – immer nur in Kutte mit über dem Gesicht hängender Kapuze UND Sense. Das Verbergen des Gesichtes sei auch ein bewusstes Statement gegen die grassierende allgegenwärtige Sucht, „dass jede und jeder ständig das eigene Gesicht in die Kamera hält und im Internet veröffentlicht. Ich zeige, dass es auch anders geht, man auch so Erfolg haben kann. Außerdem ist Tod ja doch ein gewisses Mysterium. Das würde sicher dadurch zerstört. Manche Medien haben schon die verschiedensten Mutmaßungen angestellt, wer dahinter stecken könnte. Alles falsch.“
Andere Kulturen
Aber wie kommt man auf die Idee, über Tod ein Kabarettprogramm zu machen, wollen wir wissen. „Also konkreten Auslöser gab es keinen. Ich hab mir nur die Frage gestellt, wieso Tod bei uns so ein negatives Image hat, eigentlich meist verdrängt wird. Im Gegensatz etwa zu Mexiko wo rund um den 1. November fröhlich mit den Verstorbenen gefeiert wird. Oder in manchen afrikanischen Kulturen, auch bei uns bekannt ist etwa das Begräbnis von Nelson Mandela, wo gesungen, getanzt, gelacht wurde. ´Da hat sich ja niemand gefreut, dass er gestorben ist. Gefeiert wurde, dass er da war und man mit ihm leben durfte.“
Diese Verwunderung einerseits und die Recherche andererseits, dass es zwar in dem einen oder anderen Programm vielleicht einmal einen Witz zum Thema gab, aber nicht mehr – „übrigens was ich so in Erfahrung bringen konnte, weltweit hat mich dann veranlasst, ein eigenes Programm zu entwickeln.“
Marktlücke
2011 trat „Der Tod“ dann erstmals mit einem nur zehn-minütigen Programm erstmals auf, gewann einen Nachwuchspreis. „Das alles fand schnell großen Anklang, schon ein Jahr später hatte ich mit meinem ersten abendfüllenden Programm mit dem ich nun auch in Schwechat auftrete, Erfolg. Offenbar war es höchste Zeit für so ein Programm. In Deutschland spiele ich schon mein viertes Programm und das nicht mehr nur alleine, sondern mit Exitussi und fallweise weiteren Gästen wie einer Eintagsfliege.“
Die Gefahr, dass sich das Thema „totlaufen“ könnte, sieht „Der Tod“ nicht. „Wie andere Kolleginnen oder Kollegen kann ich ja alles möglichen aktuellen Themen aufgreifen, ob das die Umweltkrise ist (die sozusagen die Arbeit erleichtert) oder neue Entwicklungen wie der, dass in China jetzt aufkommt mit VR-Brillen über Friedhöfe zu gehen.“
„Lebens“geschichte
Nach den ersten Sketches und dem Programm begann „Der Tod“ auch eine eigene Biographie zu entwickeln. Er ist der Junior-Chef, der das Image der Firma verbessern will – in Richtung Serviceorientierung, Kundenfreundlichkeit usw. statt Angst und Schrecken zu verbreiten: „so harmlos sehen Radieschen von unten aus!“
Einblicke
So „nebenbei“ will der Künstler/die Künstlerin auch wie schon erwähnt den Umgang mit Tod in anderen Kulturen vermitteln oder aber auch Einblicke in nahe liegend und für viele doch so weit entfernte Welten geben wie mit einem Besuch in der Berliner Bahnhofsmission – den er dem Gebäude des Kanzleramts am anderen Ende des Bahnhofs gegenüberstellt. Mit viel ungenütztem Platz vor allem in den Nachtstunden – während es auf der anderen Seite mehr als dicht gedrängt zugeht.
Im schon genannten Buch sind etliche Szenen beschreiben, in denen „der Tod“ in Berlin in der U-Bahn fährt, auf dem Arbeitsamt ansteht oder die Bahnhofsmission besuchte. Die meisten davon sind nicht erdachte Geschichten, sondern gespeist aus echten Auftritten mit Kutte und Sense. „In Berlin haben sich viele schon daran gewöhnt“, so der/die Tod zum Kinder-KURIER.
Weiterspinnen und springen
Mit dem Weiterspinnen von gängigen Sprüchen wie etwa „Die Besten sterben immer zu früh!“ regt „Der Tod“ auch zum Nachdenken an: „Fühlt man sich da nicht gekränkt, wenn man noch am Leben ist?“
„Springen, du muss springen/ durch den Tod in das Leben“, heißt es übrigens in einem Lied, das Kinder einer schwedischen Schule Astrid Lindgren zu einem ihrer Geburtstage geschickt haben (aus dem Film „Astrid“ („Unga Astri“) von Pernille Fischer Christensen vor allem über die (sehr) junge Astrid Lindgren, der kürzlich (6. Jänner 2020) im ORF gezeigt wurde.
"Der Tod"...
... tritt vier Mal beim Satirefestival im Theater Forum Schwechat auf – 14. bis 17. Jänner 2020.
Am Tag davor – 13. Jänner 2020 – spielt „Der Tod“ auch in der Kulisse in Wien.
Das Satirefestival ...
... startet am 8. Jänner und läuft bis zum 21. Februar 2020
Es treten viele bekannte der heimischen Szene auf, u.a. feiert
Gerald Fleischhacker mit „Am Sand“ seine Vorpremiere (10. Jänner),
die Lokalmatadorin, die Schwechaterin Aida Loos spielt ihr drittes Soloprogramm „Filterloos“ (22. Jänner).
Am letzten Tag (21. Februar) gibt es die Lange Nacht des Kabaretts bei der Nachwuchstalente auftreten:
Sonja Pikart, BE-Quadrat, Jo Strauss und Didi Sommer.
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