Mitbestimmen ist viel mehr als nur abzustimmen

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Rund 300 Jugendliche diskutierten mit vier Fachleuten bei der jüngsten „Standpunkt“-Diskussion über direkte Demokratie.

Am Tag als fast 600.000 Unterschriften gegen’s Rauchen in Lokalen und eine ¼ Million für das Frauenvolksbegehren im Innenministerium eingebracht wurden, diskutierten vier Fachleute mit 300 Jugendlichen aus elf Wiener Schulen zum Thema direkte Demokratie. Die Veranstaltungen fand im Rahmen der Reihe „Standpunkt“ statt, die ihrerseits eine Zusammenarbeit von Bildungsministerium und ORF ist. In Wien finden sie immer im Radiokulturhaus statt. Eine der Podiumsdiskutant_innen, Rita Trattnig, erinnerte an noch einen Jahrestag, der indirekt mit dem Thema zu tun hatte - 1972 erfolgte im niederösterreichischen Zwentendorf am 4. April der Spatenstich für das Atomkraftwerk. Die danach ausgelöste Diskussion über Kernkraft und die Gefährlichkeit solcher Kraftwerke führte zu einer starken Bürger_innen-Bewegung. Diese erreichte eine Volksabstimmung. Bei der stimmte knapp mehr als die Hälfte der Beteiligten (50,47 % bei einer Wahlbeteiligung von mehr als 64 %) am 5. November 1978 gegen die Inbetriebnahme. Zwentendorf ist somit das weltweit einzige AKW, das nie Strom produzierte.

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Blick vom Podium auf den vollbesetzten Sendesaal im ORF-Radiokulturhaus

Früh lernen

Was aber ist direkte Demokratie, was sei darunter zu verstehen? Mit dieser Nachfrage begründete etwa ein Schüler, weshalb er zu jenen zählte, die weder dafür noch dagegen stimmte, als der Moderator die anwesenden rund 300 Jugendlichen im Großen Sendesaal des ORF-Radiokulturhauses danach fragte, ob sie für mehr oder weniger direkte Demokratie seien. Eine Schülerin fürchtete Kosten, die mehr direkte Demokratie verursache. Eine andere Schülerin, die sich sehr redegewandte gleich mehrmals zu Wort gemeldet hatte, sprach sich dafür aus, dass Kinder möglichst früh und viel lernen sollten, mitzubestimmen und sich einzubringen. Da dies aber nicht alle Eltern bewerkstelligen könnten oder wollten, müsste viel davon in der Schule passieren und erlernt werden. Die Schule sei, so auch andere junge Teilnehmer_innen, ohnehin auch ein Ort wo ja etwa durch die Wahl von Klassensprecher_innen Demokratie geübt werde.

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Blick aus dem vollbesetzten Saal aufs Podium

Mitbestimmen, partizipieren

Demokratie können aber viel mehr sein, als nur bei Volksbefragungen-, -abstimmungen oder -begehren neben Wahlen die eigene Meinung kundtun zu können, brachten die meisten Podiumsteilnehmer_innen ein. Insbesondere die schon zitierte Rita Trattnig – vom Institut für Kulturwandel – zählte mehrere Beispiele partizipativer Demokratie auf. In einer Kärntner Gemeinde und in Vorarlberg wurden/werden Bürger_innen per Zufall eingeladen, über konkrete Planungsprojekte zu diskutieren und mitzuentscheiden.

Tamara Ehs, Politologin an der Uni Wien und von der IG Demokratie nannte auch ausländische Beispiele abseits der im Zusammenhang mit direkter Demokratie immer wieder genannten Schweiz. Beispielsweise gebe es in Irland Bürger_innen-Versammlungen, bei denen (ebenfalls geloste) 100 Menschen Gesetzesvorhaben diskutieren.

Wolfgang Bogensberger von der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich wies darauf hin, dass die immer wieder so verteufelte EU alle ihre Gesetzesvorhaben drei Monate online zur Debatte stelle, wo jede und jeder seine/ihre Meinung – in der Landessprache - dazu abgeben könne.

Hans Zeger, als Vorkämpfer für Datenschutz bekannt, erinnerte an Grundtugenden von Demokratie, die vielleicht gerade durch das Internet und insbesondere Social Media, Stichwort Blase und Echokammern verloren zu gehen drohen: Unterschiedliche Standpunkte diskutieren, den anderen zuhören aber am Ende auch Entscheidungen zu treffen, die aber für alle Seiten lebbar sein müssen, um akzeptiert werden zu können.

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Standpunkt-Diskussion: "Direkte Demokratie - Reifeprüfung für das Volk", 4. April 2018, Wien, Radiokulturhaus

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Franz-Joseph Huainigg, Medienpädagoge im Bildungsministerium

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Wolfgang Bogensberger, Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich

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Moderator Alois Schörghuber (Ö1)

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Tamara Ehs, Politologin (Uni Wien) und IG Demokratie

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Rita Trattnig, Institut für kulturellen Wandel

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Hans G. Zeger, ARGE Daten - Privacy Austria

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Logo von SchülerInnen-Radio

Zum Nachhören

Die gesamte eineinhalbstündige Diskussion gibt es in drei Teilen zum Nachhören
von 10. Bis 12. April 2018, jeweils von 19.30 bis 20 Uhr als Stream unter http://oe1.orf.at/campus

Rund eine Woche später steht sie zum dauerhaften Nachhören im SchülerInnen-Radio bereit
www.schuelerradio.at

 

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Das Podium (von li.): Hans Zeger, Tamara Ehs, Alois Schörghuber (Moderator, Ö1), Rita Trattnig und Wolfgang Bogensberger

Links zu den Aktionsfelder der Podiumsgäste

Wolfgang Bogensberger, Stv.Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich https://ec.europa.eu/austria

Tamara Ehs: Politologin, Universität Wien und IG Demokratie: http://diyrepaircafe.ig-demokratie.at

Rita Trattnigg: Institut für kulturellen Wandel, http://kultureller-wandel.at

Hans G. Zeger: Obmann der ARGE DATEN - Privacy Austria, www.zeger.at

 

Mitbestimmen ist viel mehr als nur abzustimmen

Hintergrund-Infos zu "Standpunkt"

Die Veranstaltungsreihe „Standpunkt“ ist eine Kooperation der Medienpädagogik-Abteilung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und dem ORF-Radio. Der KURIER ist Partner im Redaktionsteam.

„Standpunkt“ ist ein Forum, bei dem vor allem Schülerinnen und Schüler zu Wort kommen sollen, um ihre Meinungen äußern zu können. Auch die Themen basieren auf Vorschlägen Jugendlicher – am Ende jeder der Diskussionsveranstaltungen wartet eine Box auf kleine Zettel mit Vorschlägen von Schülerinnen und Schülern.

Ziele
* Die viermal im Jahr durchgeführten und für das Radio aufgezeichneten Diskussionen sollen jungen Menschen eine differenzierte mediale Auseinandersetzung mit aktuellen Themen ermöglichen.
* Junge Menschen können Kommunikation und Informationsaustausch mit anderen üben, sprich lernen, aktiv an Diskussionen teilzunehmen.
* Sie können die Fähigkeit entwickeln, eigene Bedürfnisse ernst zu nehmen und an die Öffentlichkeit zu bringen.
* Die Sicherheit junger Menschen, in der Öffentlichkeit zu aktuellen Themen Stellung zu nehmen, wird gestärkt.
* Junge Menschen lernen, in einem Medienformat (Radio) zu agieren.
* Die Diskussionen werden in den Medienformaten Radio und Online fortgeführt.
* Die Themenauswahl ist nicht vorgegeben, sondern kann auch von den Jugendlichen mitbestimmt werden. Einerseits, in dem die Jugendlichen während der Diskussion die Diskussionsrichtung beeinflussen können, als auch die kommende Themenauswahl per se mittels Themenbox vor Ort.
* Es wird eine kritische Auseinandersetzung mit Journalismus und Medien gefördert.
* Lehrkräfte erhalten zur Vorbereitung Materialien als Impulse für einen praxisnahen, fächerübergreifenden Unterricht.

Die – übrigens hervorragende – Organisation der Diskussionsreihe wird von der Abteilung Strategie und Kommunikation bei KulturKontakt Austria bewerkstelligt – www.kulturkontakt.or.at

 

 

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