Mit Breakdance (Geschlechter-)Grenzen sprengend
Sie sprengen fast den Raum, reißen das Publikum mit. So manche können sich nur mit Müh und Not auf ihren Sesseln halten, tanzen im Sitzen. Gegen Ende dürfen dann einige auch tatsächliche Sitze mit Tanzfläche tauschen. Mitreißend ist die ca. ¾-stündige Performance „Si(e)si - 5 mm über dem Boden“ der Tanzcompany SILK Fluegge. Nach einer Idee der Choreografin Silke Grabinger mischen die drei Profi-Tänzerinnen Farah Deen, Jerca Rožnik Novak und Amabel Thomas den immer wieder mit Projektionen aus Mustern, die mitunter alles einzusaugen schienen, auf. Breakdance teils im klassisch bekannten Battle-Style, diesen durchbrechen die drei Tänzerinnen aber immer wieder, oder stellen ihn auch in Frage - und das alles mit ihren fulminanten Moves.
In Frage stellen sie aber auch noch immer zugeteilte Rollenmuster. Und das ist, wenngleich so manche über „ach dieses Gender“ stöhnen, mehr als offenkundig noch längst nicht obsolet oder überholt. Selbst bei internationalen Breakdance-Contest kommt es fast zwei Jahrzehnte nach Beginn des neuen Jahrtausends noch dazu, dass Mädchen und Frauen ausgeschlossen werden! ;(
Leider noch lange nicht überwunden
Diese Haltung, die sie vor einigen Jahren selbst tanzend erlebte, bewog die Company-Gründerin und Choreografin Silke Grabinger schon 2010 den „B-Girl Circle“ zu gründen. Damit wollte und will sie Mädchen ermutigen, die Lust auf Breakdance haben, dieser sportlichen Kunst auch nachzugehen. Aus den ersten Anfängen dieses Circles ist unter anderem die Linzerin Amabel Thomas mittlerweile zur Profitänzerin geworden.
Von den derzeit rund 40 Breaker_innen - obwohl sie bewusst Mädchen fördern will, schließt Grabinger Jungs nicht aus - sind im letzten Abschnitt der aktuellen Performance neun Mädchen dabei, die aus den Publikumsreihen mit ins kreisrunde Spielfeld eintauchen. Jede präsentiert kurz ein Solo, gemeinsam mit dem Profi-Trio bauen sie aber immer wieder auch tänzerische, bewegte Skulpturen.
Ähnlich die Message und die Energie bei "Role Model": hier
Offen für alle
Silke Grabinger will aber nicht nur Rollenzuschreibungen Frauen/Männer auf- und durchbrechen, sondern auch besonders mit dieser aktuellen Show sämtliche Geschlechtergrenzen überwinden. Deshalb gibt es im ersten Viertel auch Szenen des Profi-Trios mit Glocken als offensichtlich klingende sekundäre Geschlechtsmerkmale - eine Tänzerin als Mann, eine als Frau und eine als Transgender.
Die Power der drei Profi-Tänzerinnen und nicht zuletzt der neun Mädchen wirkt: Da lassen sich - ganz ohne pädagogischen Zeigefinger - selbst die meisten Buben und Burschen im Publikum von der Power der B-Girls überzeugen - und anstecken.
Infos: Was? Wer?
SI(E)SI - 5mm über dem Boden
SILK Fluegge (Österreich)
A 10 J., ca. ¾ Stunde
Konzept, Idee & Choreografie: Silke Grabinger
Darstellerinnen: Farah Deen, Jerca Rožnik Novak, Amabel Thomas und die B-Girl Circle Performerinnen Sophia Rodrigues, Lilith Hänninen, Paulina Viteka, Mara Reschitzegger, Engy-Lina Oberhuber, Cornelia Serglhuber, Marie-Sophie Fromherz, Franciska Grill, Magdalena Schlesinger
Produktionsleitung: Sandra Krampelhuber
Produktionsteam: Adelina Nita, Sandra Eidenberger, Magdalena Schlesinger
Choreografische Beratung: Gergely Dudás
Dramaturgische Beratung: Ludwig Felhofer
Ausstattung: Bianca Fladerer
Lichtdesign: Jan Derschmidt
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