Geruch von frischem Apfelkuchen, Miauen und mehrere Sprachen

Die fünf jungenAutor_innen aus Linz, die zur Preisverelihung im wineer Literaturhaus gekommen waren - mit den Büchern, in denen ihre Texte abgedruckt sind ...
Jugendliche der Linzer Europaschule gewannen die Kategorie Schulprojekte beim exil-Literaturpreis 2019. Der Kinder-KURIER traf einige der Gewinner_innen.

„Meine Muttersprache ist Deutsch bzw. Deutsch mit österreichischem Akzent. Die zweite Sprache, die mir in meinem Leben begegnete, war Englisch. Heute spreche ich Englisch schon fast fließend. Ich mag die englische Sprache wegen ihrer vielen Möglichkeiten, etwas zu beschreiben, außerdem kann man sich so mit vielen Menschen unterhalten. Durch meine Großmutter lernte ich ein ganz klein wenig Russisch. Eine weitere Sprache, die mir durch meine Großmutter nähergebracht wurde, ist Thailändisch.“ Das schrieb Eva Siebrandt aus der Europaschule Linz. Gemeinsam mit neun Kolleg_innen dieser Schule in der oberösterreichischen Landeshauptstadt hatte sie im Wahlpflichtfach Geisteswissenschaften Texte zu „Kann Sprache Heimat sein?“ verfasst.

Mit diesem Projekt gewannen die Jugendlichen und die sie betreuenden Lehrpersonen den diesjährigen exil-Literaturpreis in der Kategorie Schulprojekte.

Die eingangs zitierte Schülerin verbindet übrigens mit Heimat unter anderem „den Geruch von frischem Apfelkuchen und frischen Blüten und das Geräusch von Vogelzwitschern das Miauen meiner Katze…“

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Die Jugendlichen mit ihren Lehrer_innen

Buchstaben- und Wortspiel

Bais Sezer nahm das Wort her und suchte zu jedem der Buchstaben Sätze, zu E beispielsweise „Eine Heimat habe ich nicht, sondern zwei“ was er dann beim T auflöst: „Türkei und Österreich sind die Länder, die ich als Heimat bezeichne“.

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Die jugendlichen Autor_innen aus der Europaschule Linz

Mehrsprachig und dazwischen

Die meisten der zehn Kinder, die Texte dazu verfassten, wachsen mit mehreren Sprachen auf, eine, Hatice Serinbas, hat ihren Text auch in zwei Sprachen geschrieben, auf Deutsch und Türkisch. Mervenur Inci, deren Eltern aus der Türkei kommen, lässt in ihrem Text durchklingen, dass sie ein bisschen bedauert, nicht mehr Türkisch und Kurdisch – die beiden Muttersprachen ihrer Eltern – zu können. Außerdem beschreibt sie ihr Dasein „zwischen den Kulturen“ (wie es im Untertitel dieses Literaturbewerbes heißt): „Ich selber habe Schwierigkeiten, mir meine Heimat zu wählen. Hier in Österreich sehen sie mich als Ausländerin, in der Türkei sehen sie mich als Österreicherin. In allen beiden Ländern sehen sie mich als eine andere Person. Ich denke trotzdem, dass ich mich für Österreich entscheiden würde, ich bin hier geboren, aufgewachsen und gehe hier in die Schule. Die Türkei ist aber auch ein tolles Land mit Menschen, bei denen ich mich sehr wohl fühle.“

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(Fast) allgemeingültig

Die wohl für die allermeisten Menschen auf der Welt gültige Antwort formulieren Aybüke Benli und Amira Achmatova recht ähnlich: „Heimat ist für mich, wo meine Familie ist. Heimat ist für mich, wo ich mich wohl fühle und nicht in Angst leben muss“, schreibt die Erstgenannte und ihre Kollegin formulierte es so: „Heimat ist für mich ein Ort, wo ich mich glücklich fühle, wo ich sicher bin und wo ich mit meiner Familie sein kann!“

Die zuletzt genannte Schülerin beschreibt auch, dass sie draufgekommen ist – wie viele andere, nicht nur eine Heimat zu haben. Für sie ist es Linz und Tschetschenien, wo die meisten ihrer Verwandten leben.

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Am leichtesten auf Deutsch

Fünf der zehn jungen ausgezeichneten Autor_innen waren mit ihren beiden Lehrer_innen, die das Projekt betreuten, Helena Srubar und Wolfgang Bilewicz, nach Wien ins Literaturhaus zur Preisverleihung gekommen. Hier hatten sie – und dazu noch ein neu dazugekommener Schüler, Michael Leon Hamser, alle zehn Texte vorgetragen, also auch die der noch nicht genannten Lara Bayhan, Adriana Lehaci, Noah McKenna und Mirko Kalaba.

Am leichtesten, so erzählen sie dem Kinder-KURIER „fällt uns das Schreiben in Deutsch“, Ihre jeweiligen anderen Sprachen beherrschen sie – leider, bedauern manche – nicht annähernd so gut. Die beiden Lehrkräfte hatten ihnen das Thema gegeben. „Wir haben dann gleich in der Schule geschrieben, aber unsere Texte schon mehrmals überarbeitet“, kriegt der Reporter mitunter Antworten fast im Chor.

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Überraschend

Dass sie mit ihren Arbeiten den Preis (1000 € finanziert von der Literaturabteilung des Bundeskanzler_innen-Amts) gewinnen, „war sehr überraschend, das hätten wir nicht gedacht. Aber es hat uns sehr glücklich, auch ein bisschen stolz gemacht“, andere werfen von allen Seiten ein „und wir sind auf einmal viel selbstbewusster geworden durch dieses große Erfolgserlebnis!“gekommener Jugendlicher.

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Der Jugendpreis wurde geteilt – je 500 € (finanziert von der Literaturabteilung des Bundeskanzler_innen-Amts) gehen an ...

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... Martina Darwich, ...

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...... die „Gelbe Gummistiefel“ eingereicht hatte ...

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... und an Anja Gloser für „Pflicht, Wahl oder Wahrheit“ ...

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Betreut von Helena Srubar und Wolfgang Bilewicz hatten ...

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... Hatice Serinbas, Lara Bayhan, Adriana Lehaci, Noah McKenna, Mirko Kalaba, Aybüke Benli, Amira Achmatova, Bais Sezer, Mervenur Inci und Eva Siebrandt ...

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... Texte verfasst. Die fünf zuletzt genannten Schüler_innen waren mit den beiden Lehrkräften auch bei der Preisverleihung in Wien. Dazu gesellte sich mit Michael Leon Hamser ein in diesem Schuljahr neu hinzugekommener Jugendlicher. ...

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... die Jugendlichen lasen ihre eigenen Texte vor und ...

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... jeweils auch noch einen weiteren der - nicht anwesenden - Schüler_innen des Projekts ...

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Geruch von frischem Apfelkuchen, Miauen und mehrere Sprachen

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Vlatka Frketić...

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...las aus ihrem Text ...

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... „Die falsche Zukunft“. ...

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Die Jury – Seher Çakır, Anton Thuswaldner und Thomas Perle (3. - 5. von links) – befanden einstimmig, der gehört auf Platz 1 – ...

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... wofür es 3000 € (finanziert von der Literaturabteilung der Stadt Wien) gab. ...

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... „Die Großmutter, Heldin des Volksbefreiungskampfes, fürchtete, ihre Enkelin würde in Österreich mit Nachkommen von Nazis spielen. Die Enkelin, ein Gastarbeiterkind, das immer besser sein musste als die österreichischen Kinder, klüger, mutiger, hervorragen musste. ...“, urteilte die Jury.

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... Platz 2 ging an die, bei der Preisverleihung verhinderte, Zaphira Rohde mit „Die Gattung der Knochenzüngler“. Dafür gab’s 2000 € von der Kulturkommission des 7. Bezirks.
Aus der Jury-Begründung: Familiendrama auf griechisch. … Die Zeit heilt keine Wunden, das arbeitet Zaphira Rohde sehr klar heraus. Sie macht keine großen Worte, bauscht nichts auf, und im Untergrund brennen die so lange weggesperrten Dramen im Leben eines Menschen, der seinen Frieden mit der Familie nicht finden konnte.  ...

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Sayed Habib Khawadi ...

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... bekam für „Exodus“ den 3. Preis (1.500 € - von der Literaturabteilung des Bundeskanzler_innen-Amts). ...

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... Sayed Habib Khawadi beschreibt in Exodus Straßenszenen aus Afghanistan. Kinderarbeit ist der Normalfall. Wahidullah ist eines der Kinder … der Härte des Alltags setzt er seine Träume entgegen... er macht das auf unemotional nüchtern beschreibende Weise, die nicht auf moralische Erpressung setzt. ...

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Der exil-Lyrikpreis 2019 ging an Ahmad Alshrihi. Dafür gab es 1500 € von der Kulturkommission des 7. Bezirks. ...

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... „Ankommen erzählt er von der Schwierigkeit, ein Zuhause verlassen zu müssen. Im Dunkeln, ohne zu wissen wohin, um dann irgendwo anzukommen, wo er nicht angenommen wird. …

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... Der zweite Teil beschäftigt sich mit der neuen Identität. Das lyrische Ich hat nicht mehr den Namen, den ihm die Eltern gegeben haben. In dem neuen Land hat er einen neuen Namen. Er heißt Flüchtling ... schließlich ironisiert Ahmad Alshrihi gekonnt die Vorstellungen von Integration. ...

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Zu zwei gleichen Teilen (je 500 €) wurde in diesem Jahr der Preis für Autor_innen mit Deutsch als Erstsprache vergeben., an Katherina Braschel für „Bäume zählen“ ...

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... Über Braschels Text urteilte die Jury u.a. so: „ … überzeugt mit einer Geschichte, die das Zählen von Bäumen in den Vordergrund stellt, um subtil von Flucht, Existenzängsten, Hunger, der Liebe eines Enkelkindes und Tod zu erzählen.“

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... und an Lydia Steinbach, die verhindert war, für „Burana“.

„Irgendwo zwischen Märchen und Geschichte, zwischen Wahrheit und Traum gibt Lydia Steinbacher die Antwort darauf. Sehnsüchtig. Poetisch. Doch mit der Härte eines rauen Steppenwindes.“

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Titelblatt des Buches, in dem alle preisgekrönten Texte, Interviews mit den Preisträger_innen und die Begründungen der Jury abgedruckt sind.

Anthologie Preistexte 19
Ca. 170 Seiten; 
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All jene Preisträger_innen, die am Ende noch anwesend waren, samt Juror_innen, Organisator_innen, Sponsor_innen usw. ...

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Moderation (Jessica Beer, Residenz-Verlag) und Jury (Seher Çakır, Anton Thuswaldner und Thomas Perle) ...

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... mit Vertreterin des Bundeskanzler_innen-Amtes,Karin Pollak ...

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Ferry Janoska Ensemble (Gipsy Swing) mit Ferry Janoska (Bandoneon, ein Vorläufer des Akkordeon), Joschi Schneeberger (Kontrabass), Julian Eggenhofer und Martin Spitzer (Gitarre) ...

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... Barbara Zwiefelhofer (Literaturhaus) und Christa Stippinger, Edition Exil und Initiatorin und Motorin dieses Literaturpreises ...

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.... Moderatorin Jessica Beer

Ein Wettbewerb zur Förderung der Literatur von Autor_innen, die aus einer anderen Kultur und Erstsprache kommen und in deutscher Sprache schreiben

1. Preis (Prosatext): € 3.000,-
2. Preis (Prosatext): € 2.000,-
3. Preis (Prosatext): € 1.500,-

Lyrikpreis: € 1.500,-

Preis für Autor_innen mit Deutsch als Erstsprache: € 1.000,-

Preis für Schulprojekte: € 1.000,-
exil-Jugend-Literaturpreis: € 1.000,-

exil-Dramatiker_innenpreis: € 3.000,-
(Kooperation mit den Wiener Wortstätten und dem Schaupiel Leipzig; Details: http://www.wortstaetten.at/projects/dramatikerinnenpreis/
Drama-Einreichungen nur direkt an die Wiener Wortstätten)

Die Texte sollen maximal 10 Seiten (ca.1800 Zeichen/A4 Seite) umfassen und sich im weitesten Sinne mit den Themen Fremd-, Anders-Sein, Identität oder leben zwischen Kulturen auseinandersetzen.

Für Einreichungen von Schulklassen gilt: Teilnahmeberechtigt sind alle Jugendlichen, die in Österreich leben. Eine maximale Seitenzahl von 35 Normseiten soll nicht überschritten werden.

Einsendungen an
Verein exil
1070, Stiftgasse 8
verein.exil@inode.at

Kennwort „exil-literaturpreise“

Einsendeschluss
Prosa, Lyrik, Drama: 30. April 2020
Jugendtexte, Schulprojekte: 30. Juni 2020

www.zentrumexil.at

www.facebook.com/edition.exil

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