Unbekannter Übertragungsweg: Zungenküsse lösen Rachen-Tripper aus
Wissenschafter der Monash University in Melbourne und anderer australischer Forschungseinrichtungen haben herausgefunden, dass Gonorrhö auch durch Zungenküsse übertagen werden kann. Zuvor war man davon ausgegangen, dass es sich bei Gonorrhö, auch Tripper genannt, um eine rein sexuell übertragbare Krankheit handelt.
Veröffentlicht wurden die neuen Erkenntnisse im Fachblatt Sexually Transmitted Infections. Die Zahl der diagnostizierten Gonorrhöansteckungen nimmt seit Jahren zu. Herkömmliche Antibiotika, die zur Behandlung der Geschlechtskrankheit eingesetzt werden, versagen bei der Bekämpfung der Erreger zudem immer öfter. Vor diesen Hintergrund sehen die Studienautoren auch die Relevanz ihrer Erkenntnisse.
Unbekannte Übertragungswege
Gonorrhö, auch bekannt als Tripper, wird durch das Bakterium Neisseria gonorrhoeae ausgelöst. Die Erkrankung wird bei ungeschütztem vaginalen, oralen und analen Geschlechtsverkehr übertragen. Die Inkubationszeit beträgt meist zwei bis drei Tage, mitunter können aber bis zu sieben Tage vergehen. Bei etwa fünf Prozent der Betroffenen treten trotz Infektion keinerlei Symptome auf. Diese Infizierten haben selbst zwar keine Krankheitserscheinungen, können jedoch andere anstecken.
Um einer Ansteckung vorzubeugen, wird zur Verwendung von Kondomen geraten – der neuen Studie zufolge könnte das jedoch zu wenig sein.
Für die aktuelle Erhebung wurden über homo- oder bisexuelle 3.500 Männer untersucht. Sechs Prozent von ihnen wurden positiv auf Rachen-Gonorrhö (oropharyngeale Gonorrhö) getestet. Dabei befallen die auslösenden Bakterien, auch Gonokokken genannt, den Mund- und Rachenbereich.
Im Schnitt gaben die Probanden an, in den letzten drei Monaten mit vier Partnern nur Küsse ausgetauscht zu haben. Zudem hatten sie durchschnittlich mit fünf Partnern Sex, die sie dabei auch küssten, und einen Sexualpartner, mit dem sie ausschließlich Geschlechtsverkehr hatten.
Küsse erhöhen Risiko
"Wir haben festgestellt, dass das Risiko einer Infektion mit Rachen-Gonorrhö umso höher war, je mehr Menschen eine Person geküsst hatte, unabhängig davon, ob diese auch beim Sex Küsse ausgetauscht hatte", sagte Eric Chow, Hauptautor der Studie, gegenüber der Washington Post. Bei Männer, die maximal vier Kusspartner hatten, war das Infektionsrisiko im Vergleich zu Männern, die nur einen Partner geküsst oder auf Zungenküsse verzichtet hatten, um 46 Prozent erhöht. Unter jenen Studienteilnehmern, die mehr als vier Kusspartner hatten, stieg das Infektionsrisiko um 81 Prozent.
Zwar handle es sich um eine Beobachtungsstudie, die Daten würden die anerkannten Übertragungswege von Gonorrhö jedoch infrage stellen, "bei denen der Penis des Sexualpartners als Hauptquelle einer Rachen-Infektion angesehen wird". "Durch unsere Forschung haben wir gezeigt, dass Gonorrhö durch Küssen weitergegeben werden kann. Dies hilft den Menschen zu verstehen, wie sie sich infiziert haben – insbesondere, wenn sie sexuell nicht aktiv waren."
Es sei zwar "unwahrscheinlich, dass die Menschen aufhören, sich zu küssen", man müsse jedoch in weiteren klinischen Tests erforschen, wie sich Ansteckungen über den Mundraum zuverlässig verhindern lassen kann. "Unser Team führt bereits eine klinische Studie durch, in der untersucht wird, ob die tägliche Anwendung von Mundwasser Gonorrhö verhindern kann. Wenn es funktioniert, könnte es eine einfache und kostengünstige rechtzeitige Behandlung für alle sein", sagte Chow.
Zahlen und Symptome
Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge infizieren sich weltweit jährlich 78 Millionen Menschen mit Gonorrhö.
Typische Symptome einer Gonorrhö-Infektion beim Mann sind eine Harnröhrenentzündung mit Juckreiz, eitriger Ausfluss und Schmerzen beim Wasserlassen. Bei Frauen sind die Beschwerden ähnlich, zusätzlich kann es zu Zwischenblutungen während des Zyklus kommen. Bleibt die Krankheit unbehandelt, droht bei beiden Geschlechtern Unfruchtbarkeit. Frauen können eine Entzündung des Gebärmutterhalses entwickeln, es kann auch zu einer Weitergabe der Infektion an das Kind während der Schwangerschaft kommen.
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