Tschernobyl: Pilze in Deutschland immer noch radioaktiv belastet

Maronenröhrling
32 Jahre nach der Reaktorkatastrophe sind einige Pilzarten in bestimmten Regionen Bayerns nach wie vor stark radioaktiv belastet.

Der Reaktorunfall von Tschernobyl am 26. April 1986 führte zu einer der schlimmsten Nuklearkatastrophen der Geschichte. Obwohl mittlerweile 32 Jahre seither vergangen sind, sind die Folgen bis heute spürbar – und zwar nicht nur in Tschernobyl und Umgebung. Aktuelle Messergebnisse des deutschen Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) zeigen, dass einzelne Wildpilzarten in bestimmten Regionen Bayerns nach wie vor stark radioaktiv belastet sind.  Bei landwirtschaftlichen Produkten insgesamt ist die Belastung infolge des Reaktorunfalls von Tschernobyl aber deutlich zurückgegangen und die aktuellen Messwerte sind gering.

Bei einer Reihe wild wachsender Speisepilze werden immer noch deutlich erhöhte Werte des radioaktiven Cäsium (Cäsium-137) gemessen, welches nach dem Unfall in Tschernobyl ausgetreten ist. Das geht aus dem aktuellen BfS-Bericht „Radioaktive Kontamination von Speisepilzen (Stand: 2017)“ hervor. Beispielsweise können Braunscheibige und Orangefalbe Schnecklinge oder Rotbraune Semmelstoppelpilze bis zu einige 1.000 Becquerel (Bq) Cäsium-137 pro Kilogramm Frischmasse aufweisen.

Keine Entwarnung

„Bei einigen Wildpilzarten kann auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Tschernobyl-Unfall noch keine Entwarnung gegeben werden. Unsere Messergebnisse zeigen, dass die radioaktive Belastung dieser Pilzarten im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln nach wie vor sehr hoch ist“, sagt BfS-Präsidentin Inge Paulini. Wegen seiner Halbwertszeit von rund 30 Jahren ist das aus dem Tschernobyl-Unfall stammende Cäsium-137 bisher erst rund zur Hälfte zerfallen.

Mit einer Mahlzeit höher belasteter Wildpilze kann dem Körper mehr Cäsium-137 zugeführt werden als mit Lebensmitteln aus landwirtschaftlicher Produktion innerhalb eines ganzen Jahres. Gesundheitliche Folgen sind dennoch nicht zu befürchten, wenn selbst gesammelte Wildpilze in üblichen Mengen verzehrt werden. Für Pilze, die in den Handel gebracht werden, gilt, dass ein Grenzwert von 600 Becquerel pro Kilogramm nicht überschritten werden darf.

Zehnmal höher belastet

Die höchsten Gehalte an Cäsium-137 in Wildpilzen sind in höher kontaminierten kleineren Gebieten im Bayerischen Wald, im Donaumoos südwestlich von Ingolstadt und in der Region Mittenwald zu finden. Diese Gebiete wurden durch den Reaktorunfall im Jahr 1986 zehnmal höher belastet als beispielsweise der Norden Deutschlands. In anderen Regionen sind die Werte in Pilzen wegen der geringeren Ablagerung von Cäsium-137 entsprechend niedriger.

 

Grund dafür, dass Wildpilze in den betroffenen Regionen deutlich stärker belastet sein können als landwirtschaftliche Erzeugnisse, ist die unterschiedliche Beschaffenheit von Waldböden und landwirtschaftlich genutzten Böden. Die Werte des Cäsium-137 in landwirtschaftlichen Produkten liegen derzeit in Deutschland im Bereich von nur einigen Becquerel pro Kilogramm und darunter. In Deutschland werden mit Nahrungsmitteln aus landwirtschaftlicher Erzeugung im Mittel weniger als 100 Becquerel Radiocäsium pro Person und Jahr aufgenommen.

Insgesamt zurückgegangen

Insgesamt ist die radioaktive Belastung von Lebensmitteln als Folge des Tschernobyl-Unglücks deutlich zurückgegangen. Das geht aus einem aktuellen Bericht zur Umweltradioaktivität in Deutschland hervor, in dem das BfS und andere Leitstellen des Bundes Messergebnisse aus den Jahren 2014 bis 2016 veröffentlichen. So sind beispielsweise die Werte des Cäsium-137 bei Fischen aus Binnengewässern in Süddeutschland seit 1986 um den Faktor 200 gesunken. Bei Milch nimmt die Belastung stetig ab und liegt auf einem niedrigen Niveau. Bei Trink- und Grundwasser sind nahezu alle Messwerte für Radiocäsium sehr gering und liegen weit unterhalb der geforderten Nachweisgrenzen.

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