Wobei manche nach dem italienischen Dinner um Mitternacht noch genüsslich Espressi schlürfen und dann einschlafen, kaum dass der Hinterkopf das Kissen berührt und andere kämpfen nach dem Nachmittagskaffee mit Insomnia. „Das hat rein mit genetischer Variation zu tun: Es gibt Menschen, die bauen Koffein relativ langsam ab, bei denen hält die Wirkung dann natürlich länger an“, sagt Ernährungswissenschaftler König.
Abbau und Wirkung sind dabei völlig unabhängig von Geschlecht, Größe oder Gewicht, sondern rein auf die Genetik des Menschen zurückzuführen. Molekular gesehen, handele es sich beim Koffein um ein „sogenanntes Trimethylxanthin. Bei den Xanthinen gibt es verschiedene Formen, wie auch das Theophyllin und das Theobromin, deren Verbindungen wir in Kaffee, Tee und Kakao finden. Das Koffein ist aber mit Abstand das wirksamste der drei“, so der Experte weiter.
Aufputschmeister
Herr und Frau Österreicher trinken im Durchschnitt 1.000 Tassen Kaffee pro Jahr. Damit zählt Österreich zu den Nationen mit dem höchsten Kaffeekonsum überhaupt. Mit knapp 7,5 Kilogramm toppen das nur mehr Länder wie Norwegen, Schweden und Finnland. Das schwarze Getränk führt auch mit 60 Prozent die Liste der Koffeinquellen Österreichs an. Energydrinks folgen dann mit 12 Prozent und Cola mit zehn Prozent. „Nicht vergessen darf man Eistee, denn auch der enthält logischerweise Koffein und man würde seinen Kindern ja auch nicht zwangsläufig einen Kaffee oder Energydrink geben.“
Und wer abends mit dem Einschlafen kämpft, sollte auch über Schokolade nachdenken: „Hauptsubstanz hier ist das Theobromin, das nicht so stark wie Koffein wirkt, aber man sollte je nach Typ auch die geringen Gehalte berücksichtigen“, weiß König.
Auf Hochtouren
Fährt nach einem schönen kurzen Italiener, einem grünen Matcha Latte oder einer perfekt gebrühten Tasse weißem Tee das Koffein ins Gemüt, sprechen die Experten von einem „Kampf zwischen Koffein und Adenosin“. „In unserem Körper hemmt der Stoff Adenosin den anregend wirkenden Neurotransmitter Dopamin. Das Koffein dockt an diese Adenosinrezeptoren an und hebt die Hemmung großteils auf. Dadurch wird die Erregungsweiterleitung von Nervenimpulsen erleichtert“, erklärt König. Der Effekt: das cineastische Erweitern der Pupille.
Ganz so krass dürfe man sich laut dem Experten die Wirkung und vor allem den vielfach erwähnten Suchtfaktor des Wirkstoffs Koffein nicht vorstellen. „Die Aufmerksamkeit und Wachheit des Menschen wird gesteigert, aber zu dieser biochemischen Reaktion kommt auch eine psychische Komponente hinzu, eine Art Konditionierungseffekt. Wenn ich beispielsweise immer in der Früh einen Kaffee trinke, verbinde ich die Wirkung mit diesem Ritual.“ Verzichten Menschen für einen längeren Zeitraum auf Kaffee oder Energydrinks, sind oft beschriebene Symptome Kopfschmerzen, Müdigkeit, die Personen kommen nicht in die Gänge.
Mythos Entzug
„Es ist wissenschaftlich nicht belegt, ob es sich um Entzugssymptome durch das Weglassen des Koffeins handelt“ sagt König. „Die Frage ist: Kann ein Lebensmittel an sich süchtig machen? Da sage ich nein. Das Thema Sucht ist jedoch im Zusammenhang mit Lebensmitteln immer schwierig, denn die Suchtforschung trennt Verhaltensabhängigkeit und Substanzabhängigkeit. Substanzabhängigkeit kann es beim Koffein nicht sein, also bleibt nur die Lösung, dass es sich um psychische Symptome durch den belohnenenden Effekt der Emotion handelt“, sagt König.
Morgens wach und gut gelaunt aus dem Haus zu gehen, ist für das Gros der Bevölkerung trotzdem nur nach einer Tasse Kaffee, einer Dose Energie oder dem Guarana-Wässerchen möglich. Trotz jahrelangem täglichen Genuss könnte der Mensch sehr wohl ohne Koffein, er will aber nicht. „Letztendlich ist Kaffee ja ein Genussmittel“, konstatiert König, der selbst bis zu einem Liter täglich genießt. Erstmals fanden australische Forscher aktuell auch eine Obergrenze für den Genuss des schwarzen Sprits heraus: Zwei Tassen Kaffee pro Tag können die menschliche Lebenserwartung um bis zu zwei Jahre verlängern, sechs oder mehr Tassen Kaffee täglich erhöhen laut der Studie das Risiko von Herzgefäßerkrankungen um bis zu 22 Prozent.
Koffein im Vergleich
Was ist der größte Muntermacher? Das verrät Ihnen die Slideshow.
(Die Angaben der Koffeinmenge sind pro Getränk in Milligramm Koffein pro 100 Milliliter Getränk angegeben, um einen Vergleichswert zu schaffen.)
Starkes Gesöff
Die Bezeichnung als Teein für das Koffein im Tee ist irreführend: „Es handelt sich dabei um dieselbe Substanz. Tee hat jedoch ein bisschen weniger Koffein – je nach Zubereitungsart und Sorte zwischen zehn und 20 Milligramm pro 100 Milliliter. Beim Tee kommt hinzu, dass dieser Gerbstoffe enthält, wodurch das Koffein etwas langsamer absorbiert wird“, erklärt König. Das Koffein aus einer Tasse Oolong-Tee werde also langsamer aufgenommen, das Wach-Sein halte dafür aber länger an „Beim Kaffee geht das relativ schnell: Man trinkt ihn, die Koffeinkonzentration im Blutplasma steigt an und fällt dann relativ rasch wieder ab“, erläutert König.
Für alle, die Respekt vor der geladenen Koffeinpower in den kalten Dosen empfinden, hat König eine Entwarnung: „Entscheidend ist das Koffein. Die anderen Substanzen – Taurin, Glucuronolacton – spielen für das Geschmacksprofil von Energy Drinks vielleicht eine Rolle, physiologisch aber nicht.“ Beim Koffein müsse schlussendlich jeder für sich ausprobieren, „was man wie verträgt und verstoffwechselt“, empfiehlt der Experte König.
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