Woher wird unser Fleisch in Zukunft kommen?
Das Schnitzel wird nicht so schnell von den Tellern der Österreicher verschwinden – auch wenn das Fleisch zunehmend eine schlechte Nachrede hat. Zum einen, weil Tiere oft unter schlechten Bedingungen gehalten werden, zum anderen, weil die Produktion meist klimaschädlich ist.
Doch welche Alternativen zum Fleisch gibt es? Wie soll man eine wachsende Weltbevölkerung weiterhin mit wertvollem Eiweiß versorgen? Und wie sieht die Zukunft des Fleischkonsums generell aus? Über diese Frage wird am heutigen Mittwoch von Wissenschaftern, Philosophen und Industrievertretern bei einem Symposium auf Einladung der Agrarmarkt Austria diskutiert.
Qualität statt Quantität
Ein Trend ist jedenfalls festzustellen: Die Österreicher essen weniger, dafür aber bewusster Fleisch. Und sie greifen immer häufiger zu Alternativen auf pflanzlicher Basis, weshalb selbst große Fastfood-Ketten mittlerweile Veggie-Burger anbieten.
Auch die Industrie reagiert, wie Marcus Keitzer von der PHW-Gruppe berichtet – zu ihr gehört etwa die deutsche Marke Wiesenhof. „Unsere Zielgruppe für Fleischalternativen sind allerdings nicht die Veganer, sondern die Flexitarier.“ Flexitarier bezeichnet man Menschen, die nur selten Fleisch essen – und wenn, dann meist in guter Qualität.Und deren Anteil wird besonders unter den jüngeren Menschen größer. „In den USA werden 93 Prozent aller veganen Burger von Menschen gegessen, die auch Fleisch essen“, stellt Keitzer fest.
Start-ups
Das hat auch damit zu tun, dass es sehr viele Innovationen in diesem Bereich gibt: "Vor allem in den USA und Israel gibt es viele Start-ups, Europa hinkt hier noch etwas hinterher", bedauert Keitzer. Besonders große Lebensmittelkonzerne sowie Fonds sehen in den Fleischalternativen einen Wachstumsmarkt und investieren hier riesige Summen. "Der chinesische Staatsfond hat hier sehr viel Geld locker gemacht."
Zu den Fleisch-Alternativen gehören nicht nur pflanzliche Produkte, sondern auch Fleisch aus dem Labor – Muskelfasern, für die kein Tier sterben muss. "Daraus ein Steak zu produzieren, ist allerdings Zukunftsmusik", glaubt Keitzer. "Aber Einfaches wie Faschiertes oder Chicken Nuggets lässt sich heute schon so zubereiten."
Restlverwerter
Doch auch bei der klassischen Fleischproduktion gibt es noch Möglichkeiten, diese nachhaltiger zu gestalten: „Besonders bei der Futtermittelproduktion“, wie Karl Schedle von der Universität für Bodenkultur in Wien weiß. "Etwa wenn man Futtermittel verwendet, die von Menschen nicht so gut verwertet werden können, wie z. B. Weizenkleie." Man kenne das ja auch von früher: "Das Schwein war der Restlverwerter und hat gutes Protein geliefert. Das ist der Grund für seine Beliebtheit.
Aus dem Labor
Beim Fleisch aus der Petrischale stellt sich die Frage, wie dieses vom Verbraucher angenommen wird. Der Philosoph Christian Dürnberger von der VetmedUni Wien sieht hier das Problem, „dass etwas, das als unnatürlich wahrgenommen wird, auch als gefährlich angesehen wird." Nur wenn es als gesundheitlich unbedenklich gilt und auch geschmacklich sowie preislich mit herkömmlichem Fleisch mithalten kann, wird es wohl von den Kunden angenommen.
Schnitzel fürs Volk
Der Philosoph weiß, dass wir uns heute viele Gedanken um unser Essen machen. Und er nennt noch weitere Kriterien, nach denen wir entscheiden, womit wir den Teller befüllen: Gewohnheit, Natürlichkeit der Nahrung, Tierwohl, Klimaauswirkungen, sozialethische Aspekte sowie der Status eines Lebensmittels. Besser gesagt: Der Fleischkonsum wird zum Symbol dafür, welcher gesellschaftlichen Schicht jemand angehört. Dürnberger formuliert es provokant: „Die Elite isst wenig Fleisch, das (einfache) Volk isst das Schnitzel.“
Vom Tier
Eine Prognose, der Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, nicht zustimmen will. „Ich glaube, dass es eher so kommen wird, dass Fleisch, das von einem Tier kommt, nur noch von denen gegessen wird, die es sich leisten können.“
Denn schon jetzt steige der Konsum hochwertigen Fleischs. „Die Herkunft und die nachhaltige Produktion sind den Kunden wichtig“, sagt Blass. Wobei man wohl eher sagen sollte, den Kundinnen wichtig. Denn sie achten beim Kauf von Fleisch besonders auf die Qualität. Klasse statt Masse ist hier das Motto. Für die Fleischerzeuger ein Trend, den sie aufmerksam beobachten: „Es sind die Flexitarier, die den Trend beim Fleischkonsum zum Kippen bringen können – auch wenn sich Ernährungsgewohnheiten nur langsam ändern“, zieht Blass Resümee. Philosoph Dürnberger meint, dass sich die Konsumenten immer mehr ausdifferenzieren werden: "Manche wollen weiterhin billiges Fleisch, andere essen nur zu Hause hoch qualitatives Huhn oder Rind, während sie außer Haus vegetarisch essen. Eine weitere Gruppe lehnt den Fleischkonsum grundsätzlich ab."
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