Spitzenkoch & Topwinzer: Was die junge Generation anders macht

Spitzenkoch & Topwinzer: Was die junge Generation anders macht
Wie die Erben von Mühltalhof, Weingut Salomon, Bäckerei Öfferl und anderen das Erbe der Eltern neu definieren.

Die Eltern haben vieles aufgebaut, stehen aber noch lange nicht im Herbst des Lebens. Jetzt rücken die Kinder bekannter Köche und Winzer vor. Fünf Beispiele vom Bewahren von Tradition und  Finden der eigenen Linie.

Weingut Salomon: Jedem sein eigener Aufgabenbereich

 Seit 1792 produziert die Familie Salomon am Undhof in Stein/ Donau Wein. Dass mit den Zwillingen Fanny Marie und Bert, 28, ab 2020 die achte Generation allein die Geschicke lenken wird, war nicht selbstverständlich. „Unsere Eltern sagten immer: Die Übernahme ist kein Muss“, betont Fanny. Erst nach ihren  Wirtschaftsstudien entschlossen sich die beiden mit 22, mitzuarbeiten. „Aber nur gemeinsam und bis zur Übernahme wollten wir auch etwas anderes machen.“ Vor zwei Jahren stiegen die Zwillinge ein, 2020 erfolgt die offizielle Übernahme.

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Image beibehalten

Die Aufgaben sind schon jetzt klar geteilt: Bert ist für Produktion und Weingärten verantwortlich, Fanny für Vertrieb und Marketing. „Auf lange Frist ist es gut, wenn jeder seinen eigenen Aufgabenbereich hat.“ Wichtig ist allerdings beiden, die „Grundwerte, die in sieben Generationen aufgebaut wurden, zu erhalten“. Das „elegante Image unserer Weine“ soll unverändert bleiben. In kleinen Schritten verpasst das Duo dem Betrieb  nach und nach seine Handschrift, etwa durch selbst produzierten Dünger und einen schonenderen Rebschnitt in den Weingärten sowie vereinheitlichten Etiketten oder veränderten Organisationsabläufen.

Die  Eltern Bertold, 64, und Gertrud, 58, nehmen die Veränderungen gelassen und auch erfreut auf, findet Fanny. „Sie freuen sich, dass frischer Wind reinkommt. Papa ist immer ganz begeistert, dass wir beide so im Betrieb aufgehen. Und wir lernen noch immer viel von unseren  Eltern.“

: Vater und Sohn an einem Herd

Mit seiner konsequent regionalen und natürlichen Küche hat Helmut Rachinger, 53, in den vergangenen 25 Jahren den Mühltalhof in Neufelden in Oberösterreich  zu einer der ersten Gourmet-Adressen des Landes gemacht. Seit 2013 setzt er sie mit seinem Sohn Philip, 29, um.  Der hatte sich nach der  Matura an der Tourismusschule in seinen Wanderjahren bei Top-Köchen im In- und Ausland schon selbst einen guten Ruf erkocht.

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„Bei uns hat die Zusammenarbeit von Anfang an gut funktioniert, weil wir beide das Gleiche wollen.“ Die Initiative kam allerdings mehr vom Vater, gesteht der Sohn. „Der Papa besuchte mich zu meinem Geburtstag in Paris und meinte, er könnte Unterstützung in der Küche brauchen. Dem bin ich ohne Überlegen gefolgt.“ Und sie harmonierten. „Ich hab’ ihm viel zugehört und er mir auch. Wenn jeder sein Ego ein bisschen zurücknimmt, haut das hin.“ Die Hierarchie war jedoch immer klar. „Wie bei jedem Küchenchef, wenn ein neuer Sous-Chef kommt.“

Sohn übernahm das Stammhaus

Seit März 2018 ist Philip selbst Küchenchef im Mühltalhof und führt fünf Köche an. Die Linie, die er ja selbst schon mitprägte, führt er fort, in der Küchenaufstellung gestaltet er manches etwas anders als sein Vater.

Der bekocht wiederum schräg gegenüber das neue Fernruf 7 und lebt sich dort kreativ aus. Dem Können seines Sohnes vertraue er, sagt Philip Rachinger. „Der Papa weiß, dass der Mühltalhof in guten Händen ist.“ Nur in der Gegend wurde vermutet, dass sich die beiden zerstritten hätten.

Reisebauer Qualitätsbrand: Eigene Linie, aber trotzdem Hand in Hand arbeiten

Vom Studentenleben in Wien zurück auf den elterlichen Bauernhof  samt Brennerei in der Nähe von Linz, wo die ganze Familie zusammenlebt und arbeitet – „das war schon eine Umstellung“, erinnert sich Hans Reisetbauer junior. Der 28-Jährige stieg vor eineinhalb Jahren fix  in den elterlichen Betrieb ein und arbeitet seither eng mit seinem Vater Hans Reisetbauer, 52,  zusammen. Der Sohn wusste, worauf er sich einlässt. „Es war klar, dass wir noch relativ lang gemeinsam arbeiten werden.“  

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Der Papa ist Chef und Lehrmeister

Hans Reisetbauer genießt als Schnapsbrenner seit mehr als 20 Jahren  hohes Renommee in der Gastronomie und bei Privatkunden, seine Brände wurden mehrfach ausgezeichnet. Damit hat Hansi, wie er genannt wird, um Verwechslungen im Gebrauch des Familien-Erbnamens vorzubeugen, keine Berührungsängste. „Es ist ein ewiger Lernprozess. Beim Schnapsbrennen arbeitet man mit Grundprodukten, die je nach Ernte eine andere Qualität haben. Da kann ich mir keinen besseren Lehrmeister  vorstellen.“  In der Produktion arbeiten sie Hand in Hand. „Wir machen viel miteinander, aber Papa ist klar der Chef.“

Mit der „Brandstatt“-Selektion verantwortet Hansi  seine erste eigene Linie in einem modernen Design. In der Vermarktung betreut er verstärkt die Barszene (auch Wodka und Gin gehören zum Sortiment), während der Vater  im Restaurantbereich tätig ist. Beide sind jedenfalls bis zu 60.000 Kilometer pro Jahr im Auto unterwegs. „Dadurch picken wir auch nicht so stark aufeinander.“

 

Dampfbäckerei Öfferl: Im zweiten Anlauf auf den Spuren des „Bäckeropas“

Als Kind spielte er noch gern in der Backstube. Als seine Mutter Brigitte, 53,  später fast rund im die Uhr in der Bäckerei arbeitete, verging Georg Öfferl die Lust aufs Bäckerhandwerk in einer kleinen Gemeinde, in Gaubitsch im Weinviertel. „Ich wollte sicher nicht übernehmen“, erzählt der 26-Jährige. Er beschäftigte sich  mit Ingenieurwesen  und studierte.

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Mit 21 experimentierte er dann doch mit Dinkel und anderen Bio-Zutaten: „Ich  wollte mich als Sportler gesund ernähren.“ Georg begeisterte sich fürs Bäckerhandwerk, absolvierte Lehre und Meisterprüfung. „Meine Mutter glaubte lange, das sei nur ein Spleen.“ Georg aber sah in Qualität eine Chance. „Ich wollte die Dorfbäckerei zukunftsorientiert aufstellen.“ Dafür war viel Überzeugungsarbeit nötig. „Es war nicht immer einfach, Respekt muss man sich erarbeiten.“

Er begann, ins 150 Kilometer entfernte Wien zu liefern. „Ich dachte mir, ich muss dort hin, wo der Markt für Qualität vorhanden ist.“ Anfangs belieferte Georg mit seinem Cousin Lukas Uhl, 25, nur wenige Kunden und Märkte, doch das Brot  kam  an. Heute zählen auch Vertreter der Top-Gastronomie zu seinen Kunden.

Die Eltern freut der Erfolg des Sohns. „Meine Mutter kann es zwar  manchmal noch immer nicht glauben.“ Mit Vater Walter, 55, diskutiert Georg manchmal  heftig über neue Ideen und die Umsetzung. Und der verstorbene „Bäckeropa“ Adolf Bergauer hätte wohl erst recht seine Freud’. Georgs Brot nach Opas  Hausbrotrezept trägt  Opas Spitznamen „Meister Wenzl“.

Steira Wirt: Übernehmen statt zusperren

Ein Dorfwirtshaus im oststeirischen Trautmannsdorf übernahmen Richard und Sonja Rauch vor 15 Jahren von ihren Eltern: Er hatte mit knapp 18 Jahren das Kommando in der Küche inne, sie kümmerte sich um Service und Weinbegleitung. Und das Geschwister-Team funktioniert bis heute: „Die Zusammenarbeit ist angenehm, weil das Vertrauen ineinander groß ist und man sich genau kennt.“ 

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2006 wurde  der Steira Wirt im oststeirischen Trautmannsdorf „Wirt des Jahres“, Rauch erhielt 2015 vom Gourmetguide Gault&Millau den Titel „Koch des Jahres“ und hält heute bei drei Hauben. Geplant war das nicht so. „Wir wollten einfach ein Vorzeigewirtshaus werden und beitragen, dass sich Junge wieder trauen, von den Eltern zu übernehmen anstatt zuzusperren.“

Sonja, 42, war nach vielen Jahren in der Gastronomie am Arlberg wieder nach Hause  zurückgekehrt – Richard, 33, war gar nicht erst weggegangen. „Ich sollte ja die Hotelfachschule machen, aber ich fand es in der Küche viel spannender und wollte Koch werden. Da waren die Eltern anfangs schockiert.“

Respekt für Arbeit der Eltern

Heute schauen Maria, 68, und Johann, 64, die auch eine Landwirtschaft betreiben,  wohlwollend auf die Arbeit ihrer  Kinder – ohne sich einzumischen. Das weiß Richard zu schätzen. „Dem Vater war klar, er darf sich nicht einmischen, das ist nicht gut und viele scheitern am Konflikt mit den Eltern.“ Das honorieren die Geschwister. „Wir haben größten Respekt, was unsere Eltern geschaffen haben.“

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