Schildkrötensuppe für den Steinzeitmenschen

Knochenfunde in Israel bringen neue Erkenntnisse über die Ernährung unserer Vorfahren.
Neue Funde zeigen, dass die Frühmenschen in der Steinzeit nicht nur Großwild jagten.

Es musste nicht immer Pflanzenkost oder Damhirsch sein: Steinzeitmenschen, die vor Hunderttausenden Jahren an der Ostküste des Mittelmeers lebten, brieten und kochten auch Landschildkröten als Ergänzungsnahrung. Forschungsergebnisse wurden am Dienstag von Archäologen präsentiert und im Fachmagazin Quaternary Science Reviews veröffentlicht.

Das internationale Expertenteam herausgefunden stützte sich auf Knochenfunde in der Kassem-Höhle östlich von Tel Aviv. Diese erst vor 15 Jahren zufällig freigelegte Karsthöhle ist eine der weltweit wichtigsten Grabungsstätten für die Erkundung der humanen Prähistorie.

"Bisher wurde angenommen, dass die Frühmenschen im Altpaläolithikum vor allem erjagtes Großwild und Gemüse aßen", erklärte Ran Barkai vom Archäologie-Institut der Tel Aviver Uni. "Unsere Entdeckung erweitert unser Wissen über sie um eine sehr menschliche, kulinarische und damit kulturgeschichtliche Dimension."

Die Forscher fanden Knochen und Panzer der Landschildkröten in dem gesamten Karstsystem verstreut. In der Kassem-Höhle wurden 400.000 bis 200.000 Jahre alte Siedlungspuren entdeckt. Danach füllte sich der Hohlraum mit Sedimenten.

Menschliche Zahnfunde lassen darauf schließen, dass hier auch der frühe Homo sapiens lebte, was aber noch nicht als endgültig gesichert gilt. Auf Basis dieser Zähne wussten die Experten aber bereits, dass die Kassem-Menschen eine recht ausgewogene Speisekarte mit Gemüse und Fleisch von Hirschen, Wildpferden und gelegentlich Auerochsen hatten.

Mit Panzer gegrillt

"Nun können wir sagen, dass sie auch Landschildkröten aßen, obwohl diese nicht so kalorienreich waren wie beispielsweise die hier häufig auftretenden Damhirsche", erläutert Barkai. Bearbeitungsspuren zeigen, dass die Schildkröten vor dem Verzehr entweder im Panzer gegrillt oder mit Flintstein-Werkzeugen aufgebrochen und ihr Fleisch dann gekocht wurde. Das sind die bisher ältesten Spuren für die Zubereitung von Schildkrötensuppe.

Die neuen Entdeckungen sind auch ein weiterer Hinweis auf eine gewisse Arbeitsteilung in den frühmenschlichen Zivilisationen, ergänzte der Tel Aviver Archäologe Avi Gopher. Während die Jungen jagten, trugen die Älteren und Kinder mit Sammeln zur Nahrungssicherung bei. Und die langsamen Schildkröten waren leicht zu fangen. So bildete das außerdem gut konservierbare Fleisch dieser Wirbeltiere eine gute Ergänzung gerade in wildärmeren Jahreszeiten.

Kommentare