Schwein gehabt!

Schwein gehabt!
Der Weinviertler Bio-Bauer Wolfgang Gössinger hat sich auf Strohschweine spezialisiert. Bei ihm leben sie – fast – wie im Wellnesshotel.

Wenn es einen Schönheitspreis für Schweine gäbe, dann hätten die von Bio-Bauer Wolfgang Gössinger gute Chancen auf Medaillen. Jedes Tier hat eine ganz spezielle Färbung. Manche haben helle, graue oder ganz dunkle, meist aber kreisrunde Flecken – mal am Rüssel, mal am Rücken oder am Bauch. Wieder andere sind schwarz-weiß pigmentiert, ähnlich wie Zebras. Dabei sind Kopf, Hals und Hinterbeine der Tiere oft schwarz, die Vorderbeine und Körper hingegen gar nicht pigmentiert. Der coole Look hat einen Namen: Schwäbisch-Hällisches Landschwein. Wegen dem besonderen Fell wird es, vor allem in Deutschland, wo das Schwein ursprünglich herkommt, auch "Mohrenköpfle" genannt.

Historisch gewachsen

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Entstanden ist diese schöne Schweinerasse durch eine Kreuzung von chinesischen Maskenschweinen, die der württembergische König Wilhelm I. 1820 höchstselbst nach Deutschland importiert hatte, mit einer heimischen, deutschen Rasse. In späteren Jahren wurden sie von anderen Schweinen verdrängt und waren Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre beinahe ausgestorben. Doch engagierte schwäbische Landwirte begannen 1984 mit nur sieben reinrassigen Mutterschweinen und einem Eber eine neue Zucht – mit Erfolg. Das Schwäbisch-Hällische Schwein holte mehrmals in Deutschland Bundessiege für beste Fleischqualität. 2014 wurde das reinrassige Landschwein dann auch noch von Slow Food als Passagier der "Arche des Geschmacks" aufgenommen.

Auch in Österreich findet diese Rasse großen Anklang, firmiert bei Wolfgang Gössinger allerdings unter der Bezeichnung "Strohschwein". "Der Name rührt von der Haltungsart her, denn die Schweine, die wir hier behutsam mästen, leben ständig auf feinem, weichen Stroh." 2008 hat Gössinger, Absolvent der Landwirtschaftsschule Wieselburg, im Weinviertler Ort Pillichsdorf den elterlichen Landwirtschaftsbetrieb übernommen, 2009 hat er auf Bio umgestellt. Im Zuge dessen baute der Jungbauer auch gleich einen großzügigen Stall für seine Bio-Schweine. Aber erst das Stroh macht den Stall zu einer Luxusherberge. "Die Tiere liegen, gehen, stehen auf Stroh. Sie lieben es auch, darin zu wühlen und damit zu spielen", sagt Gössinger und krault dabei eines dieser "Pop-Art"-Schweinchen liebevoll am Rücken.

Das Stroh ist natürlich auch biologisch und stammt von den eigenen Feldern rundum Pillichsdorf. Aber macht auch, das sagt Gössinger ohne Umschweife, gut doppelt soviel Arbeit wie in der herkömmlichen Schweinehaltung. Dennoch ist das Stroh ein wesentlicher Faktor in der biologischen Tierhaltung. Gut 300 riesige Rundballen braucht er davon übers Jahr, dazu viele Tonnen Heu, Klee, Mais, Gerste, Weizen, Triticale, Sojabohnen und Erbsen. Auch hier stammt das Gros des Futters aus der eigenen Landwirtschaft. Gössinger weiß also ganz genau, was seine Tiere fressen. Abgesehen davon hält der Bauer durch die wechselnde Fruchtfolge auch seine Felder in Schuss. "Unsere Schweine werden ausschließlich mit diesem Bio-Futter gemästet. Alles andere, wie Antibiotika oder sonstige Leistungsförderer, sind für uns kein Thema, abgesehen davon sind sie in der biologischen Tierhaltung ohnehin strengstens verboten", sagt der Landwirt.

Zeit geben

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Das heißt aber auch, dass man den Dingen ihren Lauf lässt, dass man warten kann und die übliche, vielfach geradezu abartige Leistungsproduktion beiseite lässt. "Stimmt. Tatsächlich wachsen unsere Strohschweine wesentlich langsamer, was sich im Endeffekt aber auszahlt, weil die Fleischqualität hervorragend ist."

Das ist nicht das einzige Kriterium für den Bio-Anspruch bei Schweinefleisch. Ein weiterer ist der großzügige Haltungsbereich. Bei unserem Besuch an einem heißen Spätsommertag lebten gut 500 Schweine im Stall – ohne jegliches Gedränge. Die Anlage ist sehr geräumig, sodass die Tiere viel Auslauf haben. Dabei können sie jederzeit die Boxen wechseln. Eine ist quasi das Schlafzimmer, die zweite das Speisezimmer und auch einen schönen Außenbereich mit Terrasse haben sie. Die geringere Besatzdichte als bei konventioneller Haltung verhindert Stress bei den Tieren. Strohschweine sind viel gelassener und ruhiger.

Wie sehr das zutrifft, sehen wir, als Gössinger junior sein Lieblingsferkel zum Herumreiten animiert. Das Schweinchen findet das augenscheinlich lustig und will auch spielen und herumtoben. Platz ist ja genug. "Durch den komfortablen Auslauf machen meine Strohschweine sehr viel Bewegung, auch deshalb ist das Fleisch später viel feiner und saftiger", sagt Wolfgang Gössinger und hat ständig beide Augen auf seine Tiere. Der Bio-Bauer bekommt sie als Ferkel mit zirka 30 Kilogramm. Gut fünf Monate bleiben die Schweine dann bei ihm, legen in dieser Zeit gemächlich und in einem vernünftigen Verhältnis an Gewicht zu. Erst bei 120 Kilogramm Lebendgewicht werden sie zur Schlachtung freigegeben.

In der Zwischenzeit aber leben die Schweine von Wolfgang Gössinger nahezu in einem Wellnessbetrieb. Die Strohschweine genießen die geräumigen Ställe, die Bewegungsmöglichkeiten und die frische Luftzufuhr. Sie wühlen mit Inbrunst im Stroh, verteilen es, suchen nach Belieben ihren Futtertrog auf und sind den ganzen Tag beschäftigt. "Das ist für Tiere besonders wichtig, um sich wohlzufühlen und das Immunsystem zu stärken. Das macht die sie auch sehr widerstandsfähig", betont Wolfgang Gössinger und das mit Nachdruck. Bio ist für den jungen Landwirt und Vater von drei Kindern mehr als nur ein Mittel, um Geld zu verdienen, es ist eine Herzensangelegenheit. "Ich bevorzuge den biologischen Anspruch, weil die Haltungsbedingungen wesentlich besser und ressourcenschonender sind. Der Umstieg auf Bio war für mich und meine Familie eine der besten Entscheidungen."

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