Mehr Natur geht nicht: Warum wir von Stein-Tellern essen sollten

Mehr Natur geht nicht: Warum wir von Stein-Tellern essen sollten
Katharina Mörz-Heissenberger macht Geschirr aus Naturstein. Die weichen Formen entstehen dabei nur durch seltene Handwerkskunst.

Wenn die Finger über die Teller gleiten, spürt man die feinen Adern. Man denkt sofort an die Naturmaterialien der Achtziger – das stimmt aber nicht. Die 41-jährige Architektin und Mutter von zwei Kindern führt das Stein verarbeitende Grazer Unternehmen Mörz in vierter Generation.

Denn Katharina Mörz-Heissenberger musste für ihre erste Service-Kollektion Stonemade bis nach Pakistan reisen, um ihren Wunsch wahr werden zu lassen.

KURIER: Ist es nicht ein wenig kurios, dass Sie mit Stein ein kaltes Material für heiße Speisen wählen?

Katharina Mörz-Heissenberger: Ich bin mein Leben lang so fasziniert von Stein und seinen schönen Formen, auch von den weichen Formen, die er haben kann. Und auch ich empfinde manche Steine als kalt – ich bin ein sehr erfrorener Typ. Manche Steine wie Quarze, Granit und Sandsteine greife ich deswegen gar nicht an. Ich arbeite gerne mit Kalksteinen und Marmor. Stein ist unter hohem Druck und Hitze entstanden, deswegen vertragen die Schüssel und Teller Hitze im Backrohr.

Mehr Natur geht nicht: Warum wir von Stein-Tellern essen sollten

In den 1980ern, als Naturmaterialien wie Stein Trend waren, hat das Hantieren mit Besteck auf den Tellern für Gänsehaut gesorgt.

Ich gieße meine Schüssel und Teller regelmäßig mit Olivenöl ein, dadurch entsteht Patina und der Stein fühlt sich ganz weich an. Wenn ich das Geschirr aus dem Bruch bekomme, dann fühlt es sich rau an. Viele Leute lieben genau dieses Raue.

Kommen die Steine aus Österreich?

Begonnen hat alles, als mir ein befreundeter Altwarentandler eine Schüssel von meinem Großvater Max Mörz gezeigt hat. Ich hatte gar nicht gewusst, dass er auch einmal mit Geschirr experimentiert hat. Würde ich Steine aus Österreich nehmen, müsste ich für einen Teller den 30-fachen Preis verlangen, bei Steinen aus Italien den 20-fachen. Allerdings schafften italienische Handwerker es nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe: Die Prototypen sahen plump aus. Nach einem Tipp habe ich talentierte Handwerker in Pakistan gefunden, deswegen kommen die Steine auch von dort her. Es wäre ökologisch absurd, wenn ich europäische Steine dorthin bringen würde.

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Wie entstehen die Schüsseln?

Zuerst wird ein großes Steinstück herausgefräst. Dann muss es so lange abgeschliffen werden, bis der Stein dünnwandig ist. Das geht nur per Hand: Es braucht viel Gefühl für Maserungen. In Pakistan gibt es schöne Kalksteine, Onyxe und Marmore.

Warum imprägnieren Sie nicht?

Ich bin ein Ökofreak, der im Bio-Laden einkauft. Schon bei Holz habe ich nie verstanden, warum man ein Naturmaterial imprägniert, obwohl es in der Natur auch keinen künstlichen Schutz hat. Entweder hat man Natur oder nicht. In der Steinindustrie ist Spachteln üblich, aber ich wollte dies nicht bei einem Naturstein, der mit Lebensmitteln in Berührung kommt. Mein Wunsch an die Handwerker war, dass die Steinadern offenbleiben. Natur pur. Stein ist ein Produkt, das atmet. Oft verschwinden Verschmutzungen wie durch Zauberhand von selbst.

Wie sollte man Geschirr aus Stein pflegen?

Je weniger man sich antut, desto besser. Prinzipiell gibt es für jeden Fleck das richtige Mittel. Aber ich mag die Spuren des Lebens im Stein, sie erzählen Geschichten. Es muss nicht immer alles total clean sein, es braucht Mut zum Fehler. Es würde uns guttun, von den Steinen zu lernen: Ich habe es immer vermieden, Steine zu putzen. Ich wasche meine Teller nur mit Wasser, Spülmittel sind mir bei Naturprodukten nicht sehr sympathisch. Und ich wasche Teller gerne mit den Händen, aber mein Mann steckt die Steinteller sogar in den Gastro-Geschirrspüler.

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Wussten Sie, dass man laut einer Oxford-Studie von roten Oberflächen weniger isst?

Nein, interessant. Genauer betrachtet sind meine Teller allerdings eher bordeaux-braun.

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