Jamie gibt den Kochlöffel nicht ab
Keine Frage, Jamie Oliver zieht noch immer. Vor dem Restaurant „Jamie’s Italian“ bildete sich am Freitag eine Schlange von Autogrammjägern, die sich ein Selfie mit ihrem kochenden Idol in Sneakers und Jeans erhofften. Im Mittelpunkt des Termins stand freilich die Begrüßung des Küchenteams des vor einem halben Jahr eröffneten Restaurants: Der 42-Jährige wollte ausgewählten Fans und Journalisten zwischen Erbsen-Minz-Arancini und Fleischbällchen mit Pap-pardelle seine Ernährungsphilosophie näher bringen.
Interessiert hat vor allem, wie es nach der Pleite seiner britischen Restaurantkette „Jamie’s Italian“ jetzt weitergehen soll. Bekanntlich soll ein Drittel der britischen Filialen geschlossen werden: Im vergangenen Jahr hat die Kette ein Minus von rund 11 Millionen Euro eingefahren, in Summe beträgt der Schuldenberg 81 Millionen Euro, 450 Jobs stehen laut britischen Medienberichten auf dem Spiel.
Dankbar und demütig
Der Gastronom legte sehr offen über die Gründe seiner wirtschaftlichen Krise dar: „Es würde Stunden dauern, wenn ich alles erklären würde: Die Kosten für das Personal, die Kosten für Zutaten. In Großbritannien sind die Personalkosten hoch, wenn man nicht nur das Mindestgehalt bezahlt. Tausende Menschen zu beschäftigen, ist taff. Und der Brexit hilft nicht. Ich werde nicht sagen, dass es einfach ist.“
Resigniert oder kämpferisch wirkte der Sunnyboy nicht, eher nachdenklich, als er darüber sprach, wie er sich in den vergangenen Monaten gefühlt hat: „Das Leben hat Höhen und Tiefen – solche Ereignisse machen dich stärker. Ich habe keinen Zweifel, dass wir es überstehen.“ Er fühlt sich dankbar der Welt, seinem Leben, seiner Familie und der Arbeit gegenüber: „Ich habe in letzter Zeit sehr viel über mich selbst gelernt.“ Die Gastroszene sei auf der Insel besonders schwierig, aber weltweit würde seine Marke florieren – noch nie habe er so viele Bücher verkauft.
So ganz stimmt das jedoch nicht: Zwar muss Oliver mit einem geschätzten Privatvermögen in der Höhe von 175 Millionen Euro nicht am Hungertuch nagen – alleine das Familien-Anwesen im Londoner Stadtteil Hampstead, das Oliver mit seiner Ehefrau und den fünf Kindern bewohnt, hat einen Wert von 11 Millionen Euro. Allerdings musste erst diese Woche die Restaurantgruppe Hallmark seine Restaurants in Australien vor dem Zusperren retten.
Die Wiener Dependance wird wie der Budapester Standort von der ungarischen Zsidai Gastronomy Group betrieben: Trotz der wirtschaftlichen Probleme wollen die beiden Geschäftspartner heuer ein weiteres Restaurant in Zürich eröffnen – die Standort-Suche laufe bereits, wie Schweizer Medien berichten.
Whiskey statt Würstel
Alle Franchise-Filialen außerhalb des Königreichs – wie jene in Wien und Schwechat – werden laut Olivers Unternehmenssprecherin von einem separaten Unternehmen geführt, das von der Pleite nicht betroffen ist. „Wir versuchen nicht, das Rad neu zu erfinden. Es geht um lässige Restaurants mit schönem Ambiente, gute Produkte und die Leidenschaft zum Essen: Wir haben verschiedene Lokale in vielen Ländern eröffnet, aber ich schreibe die Speisekarten immer selbst und es gibt immer Platz für regionale Spezialitäten.“ So stehen in Wien viele heimische Weine auf der Getränkekarte.
Sein Geheimnis für eine gesunde Ernährung? „Kochen. Zutaten. Olivenöl – der beste Partner in der Küche. Kräuter: Wenn es keine Kräuter auf diesem Planeten gäbe, würde ich definitiv aufhören zu kochen. Früher hatte ich Träume, in denen ich nackt über Felder mit Kräuter gelaufen bin.“
Zeit für die österreichische Küche blieb bei seiner Visite leider keine – lediglich ein „wenig Whiskey“ hat er sich gegönnt. Sein Favorit, wenn er mehr Zeit gehabt hätte? Schnitzel, natürlich.
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